Ein kurzer Rückblick auf 20 Jahre erfolgreiche Bildungsarbeit im Naturschutz


Das letzte Jahresprogramm der NABU-AkademieAm 30.9.2003 stellte die NABU-Akademie Gut Sunder nach zwanzigjähriger Bildungsarbeit den Betrieb ein. Der NABU Bundesverband hatte als Träger der Einrichtung den Beschluss zur Betriebaufgabe gefällt, um mit den Mitteln ein regionalisiert arbeitendes NABU-Bildungswerk aufzubauen. Im Herbst 2003 übernahm der NABU Niedersachsen die Liegenschaft. Ab Frühjahr 2004 wird Gut Sunder als Naturerlebniszentrum weiter betrieben. Die jeweils aktuellen Jahresprogramme mit Seminaren und Freizeiten zum Naturerleben können über info@nabu-gutsunder.de angefordert werden. Seminarankündigungen gibt es auch auf der Internetseite von NABU Gut Sunder.

4.000 Veranstaltungen mit 90.000 Teilnehmern

Als der NABU (damals DBV) 1980 das ehemalige Teichgut Sunder erwarb, um dort eine Naturschutzbildungsstätte aufzubauen, galt es keineswegs als selbstverständlich, dass ein Naturschutzverband seine Mittel für Bildungsarbeit aus gibt. Wie sinnvoll die Investition war, belegen die Besucherzahlen, aber auch die Entwicklung, die die Naturschutzbildung in den vergangenen zwei Jahrzehnten nahm. Fast 90.000 aktive Naturschützer, Ökologen, Wissenschaftler , Landschaftsplaner oder Politikvertreter aus allen Teilen der Bundesrepublik und dem benachbarten Ausland nutzten die rund 4.000 Veranstaltungen, um sich auf den Seminaren und Workshops über Naturschutzfragen zu informieren. Naturfreunde nahmen sich auf Gut Sunder Zeit zur ausgiebigen Naturbeobachtung und im Regionalen Umweltzentrum machte Naturschutz Schule. Junge Banker und Energieversorger oder Beschäftigte von Handelsunternehmen verknüpften Themen der betriebsinternen Fortbildung mit der Diskussion aktueller Umweltfragen.

Von Anfang an stand die Entscheidung zum Engagement auf Gut Sunder in engem Zusammenhang mit der Entwicklung der vor der Haustür liegenden Meißendorfer Teiche. Seit den sechziger Jahren kämpften Vogelschützer für den Erhalt der einzigartigen Kulturlandschaft. 1984 waren die Bemühungen mit Erfolg gekrönt und 900 ha Teich- und Moorlandschaft wurden als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Daraus entstand eine einzigartige Kombination aus Naturschutzbildung und Flächenschutz, die vielfältige Möglichkeiten zur Verknüpfung von Lernen, Erleben und Entspannen eröffnete. Unter diesen günstigen "klimatischen Voraussetzungen" war es für die Seminarleiter Dr. Götz Kraft, Dr. Heiner Engel, Dr. Norbert Prauser und Ralf Schulte ein leichtes, auch Veranstaltungen zu konfliktbelasteten Themen ins Programm aufzunehmen. Darüber hinaus waren sie immer wieder bestrebt, Trends und neue Entwicklungen im Naturschutz aufzugreifen und Anstöße zu geben.

In diesem Zusammenhang muss zweifellos das Seminar "Wie funktioniert ein Naturschutzverband in der Bundesrepublik Deutschland?" erwähnt werden. Es fand vom 16. bis 18. Februar 1990 statt und informierte Naturschützer aus der DDR über die Ziele, Aufgaben, Aktionen und Probleme des Verbandsnaturschutzes in Westdeutschland. Die Veranstaltung legte den Grundstein für den Zusammenschluss ost- und westdeutscher Naturschützer im NABU. Angesichts der nach wie vor aktuellen Diskussion um die FFH-Richtlinie erscheint eine Veranstaltung aus dem Januar 1989 erwähnenswert, auf der Spitzenvertreter der deutschen Naturschutzverbände mit hochrangigen Vertretern der Europäischen Kommission und des Bundesumweltministeriums erstmals die geplante Einführung der FFH-Richtlinie erörterten. Weitere Seminare beschäftigten sich mit der naturschutzgemäßen Ausrichtung der Gemeinschaftsaufgabe zur Förderung des Küstenschutzes und der Agrarstruktur (1988), dem Naturschutz auf Truppenübungsplätzen (1989), Schutzstrategien für Wolf, Luchs und Wisent in Zentraleuropa (1991), der hauptamtlichen Betreuung von Großschutzgebieten (1992) oder der Bedeutung großer Pflanzenfresser für die dynamische Landschaftsentwicklung (1996). Dank der veranstaltungsbezogenen Förderung durch das BMU/BfN war es immer wieder möglich, ausländische Fachleute einzubinden und wie zuletzt bei den "Erfolgsmodellen des Naturschutzes im berater.JPG (39247 Byte)internationalen Vergleich" (2002) lehrreiche Blicke über den "nationalen Tellerrand" zu werfen. Seit 1996 wurden die Ergebnisse der wichtigsten Veranstaltungen im Internet dokumentiert.

Forschungsarbeiten standen auf Gut Sunder nicht im Vordergrund, mit dem BLK-Forschungsvorhaben zur Zusammenarbeitung von Schulen mit außerschulischen Umweltzentren (1990 - 1993), dem von BINGO-Lotto geförderten Modellversuch zur Ausbildung von ehrenamtlichen Naturschutzberatern (1999 - 2002) oder dem FE-Vorhaben zur Entwicklung von Instrumenten zur Steigerung des ehrenamtlichen Engagements in Naturschutzverbänden (2002 - 2004) konnten jedoch Impulse für die Weiterentwicklung der Naturschutzbildung gegeben werden.

Die Wirkung der Arbeit auf Gut Sunder beschränkte sich nicht nur auf die Bildungsangebote und ausgewählten Forschungsaktivitäten selbst. Die Einrichtung entwickelte sich zu einer der führenden privaten Bildungsstätten im Naturschutz und zu einer Zeit, da die Naturschutzbildung noch in den Kinderschuhen steckte, stand die Idee von Gut Sunder Pate für die Neugründung vieler Umweltbildungszentren. Die Leiter von Gut Sunder waren darüber hinaus immer bestrebt, Kopf, Herz und Hand ihrer Gäste anzusprechen. Daher wird die NABU-Akademie sicherlich in vielen Köpfen und Herzen über den September 2003 hinaus Bestand haben.

Ralf Schulte, NABU-Bundesgeschäftsstelle, Berlin