An der Schwelle zum nächsten Jahrtausend feiert in Deutschland die Hexenjagd auf „Räuber und Schädlinge" wieder fröhliche Urstände.
Die Begründungen für die "Naturschutzpolitik mit der Flinte" sind die gleichen wie vor hundert Jahren. Sobald nur die geringsten ökonomischen oder
Hobbyisten-Belange geltend gemacht werden, geben die Behörden "Feuer frei!". Naturschützer, die dagegen halten, bewegen sich auf dünnem Eis.
Wissenschaftliche Unterstützung ist zwar zu haben, juristische jedoch kaum. Abgesehen davon sind in den nach „Hausmacherart" geführten Auseinandersetzungen ökologische
Fakten als Argumentationshilfe kaum etwas wert und das Beharren auf artenschutzrechtlichen Paragraphen wirkt allenfalls Konflikt verschärfend.
Auf Seiten der Natur gibt es nur Verlierer. Die "Problemarten" wie Elstern, Rabenvögel, Kormorane, Gänse oder Biber lassen ihr Leben oder werden aus ihren
Lebensräumen vertrieben. Die Naturschützer ernten Unverständnis und den Hass der Gegenseite. Wären Akzeptanzlösungen, die in wechselseitiges Wahrnehmen und Berücksichtigen
der verschiedenen Interessen im Sinne von Gewinner-Gewinner-Strategie und Kooperation münden, nicht der bessere Weg?
Ziel des Seminars war die intensive Auseinandersetzung mit den ökologischen und gesellschaftlichen Faktoren der Artenschutzkonflikte. Besonderen Stellenwert nahm dabei
die Erörterung der Frage ein, ob die bisherigen naturschutzfachlichen Konzepte des Vollschutzes von Arten tatsächlich taugliche Lösungsansätze bieten oder ob sich der
Artenschutz neuen Konzepten, wie sie national und international im Wildtiermanagement Anwendung finden, öffnen sollte. Darüber hinaus wurde diskutiert, ob die
derzeitige Rechtspraxis, durch die im Einzelfall vorschnell und in nicht angemessenem Umfang Ausnahmegenehmigungen zum Abschuss bestimmter "Problemarten"
erlaubt werden können, der Revision bedarf.
Der Kormorankonflikt in Brandenburg
Am Beispiel der aktuellen Situation um den Kormoran in Brandenburg verdeutlichte Dr. Michael Tautenhahn (Landesanstalt für Großschutzgebiete
Brandenburg, Eberswalde) den aktuellen Stand der Auseinandersetzung. Die vom Kormoran insbesondere in den brandenburgischen Karpfenteichwirtschaften verursachten
Konflikte resultieren zum einen aus direkten Eingriffen in die Satzfischbestände der Teichwirtschaften sowie zum anderen aus indirekten Beeinträchtigungen wie
Verletzungen durch Kormoranschnäbel, dadurch erhöhte Infektionsgefahren oder andauernde Stress-Situationen infolge der hohen Jagddrucks. Begünstig werden die Kormorane
durch die künstlich erhöhten Fischbestände und die den weitgehend strukturlosen „Karpfenbecken" häufig fehlenden Schutz- und Deckungsbereiche. Die von Seiten
des Naturschutzes eingeleiteten Maßnahmen zur Konfliktlösung reichen von Scheuch- und Vergrämungsmaßnahmen (durch Knallgasgeräte oder Mitarbeiter) über die Überspannung
einzelner Teiche mit Netzen oder Seilen bis hin zur Genehmigung von Einzelabschüssen. In anderen Bundesländern sei zudem der Einsatz von Lasergewehren zur Vergrämung
von Kormoranen erfolgt bzw. ins Auge gefasst worden. Es zeigte sich aber, dass die eingeleiteten Maßnahmen dauerhaft nicht zum Erfolg führten. Meistens lernten die
Kormorane innerhalb relativ kurzer Zeit mit Abwehrmaßnahmen fertig zu werden. Mittlerweile, so Tautenhahn, sei zudem eine Situation eingetreten, in der politische und
berufsständische Einflüsse die gemeinsam von Naturschutz und Teichwirtschaft erarbeiteten Maßnahmen in Frage stellen.
Wilde Gänse: Vergrämen - dulden - lenken?
Wilde Gänse wie Blässgänse, Nonnengänse und Ringelgänse streben alljährlich aus ihren arktischen Brutzonen kommend dem milden
atlantischen Westen Europas zu, um hier den Winter zu verbringen. Da sie in großen Scharen auftreten und Pflanzenfresser sind, bewirken sie bei den Landwirten, auf deren
Flächen sie niedergehen, Besorgnisse wegen möglicher Ernteschäden. Diese Besorgnisse sind weitgehend unbegründet. Nur in Ausnahmefällen führen die Weideschäden
auch zu Ernteschäden und Ertragseinbußen. Dennoch weht dem Naturschutz in den Rastgebieten der Gänse ein rauher Wind entgegen.
Seit vielen Jahren bemüht sich die Arbeitsgruppe Gänseforschung von Prof. Dr. H.-H. Bergmann (AG Gänseforschung, Universität Osnabrück) die Ökologie des Verhaltens
von Gänsetrupps zu enträtseln. Dabei soll vor allem der Einfluss menschlicher Aktivitäten, sowohl als akute Störeinwirkung durch Ausflüglerverkehr und Jagd, als auch
in Form nachhaltiger Landschaftsveränderung auf das Verhalten der Vögel untersucht werden. Die Ergebnisse zeigen, dass weder
Abschuss noch Vergrämung geeignete Mittel sind, um den von Gänsen scheinbar verursachten landwirtschaftlichen Ertragsminderungen nachhaltig zu begegnen. Die aus einem
Gebiet verjagten Vögel sind gezwungen, auf andere Nahrungsflächen auszuweichen. Dort müssen sie zur Deckung ihres Energiebedarfs sogar ein Mehr an Nahrung aufnehmen.
Im Gegenteil müssen menschliche Störungen möglichst gering gehalten werden. Insbesondere muss jegliche Bejagung von Wildgänsen und anderen pflanzenfressenden Wasservögeln
eingestellt werden. Wenn auf diesem Weg die allgemeine Scheu der Vögel verringert wird, lassen sich erhöhter Nahrungsverbrauch und konzentrierter Weidedruck auf
einzelnen Flächen vermeiden. Auch Ablenkfütterungen können nur eine örtliche und kurzfristige Entlastung bewirken. Die einzig erfolgversprechende Maßnahme, so
Bergmann, würde ein ausreichend großes länderübergreifendes Netz von jagdfreien und störungsarmen Ruhegebieten für die pflanzenfressenden Wasservögel schaffen.
Doch dazu bedürfte es gemeinsamer Anstrengungen von Landwirtschaft, Naturschutz, Verwaltung und Wissenschaft, was sich angesichts der stark verhärteten Fronten aber als
ausgesprochen schwierig erweisen dürfte.
Die Probleme hinter den Problemen - Versuch einer Analyse
Die Auswertung der Vorträge und der anschließenden Vertiefung der Thematik in Arbeitsgruppen zeigte, dass es dem Naturschutz bisher kaum
gelingt, für die anstehenden Artenschutzkonflikte nachhaltige Lösungen zu finden. Die Erfahrungen mit dem Kormoran in Brandenburg, den wilden Gänsen am Niederrhein,
den österreichischen Rabenvögeln oder den bayerischen Bibern sind symptomatisch für die auf Dauer weder für den Naturschutz noch für die Konfliktpartner akzeptable
Situation. Unabhängig davon, welche Problemart im Einzelfall im Mittelpunkt steht, offenbart sich hinter den Konflikten mehr als ein ökologisches oder
naturschutzfachliches Problem. Es scheint dringend geboten, die Konfliktursachen, die sich hinter der Maske der Auseinandersetzungen verbergen, zu identifizieren.
Artenschutzkonflikte treten insbesondere bei jenen Arten auf, die aufgrund ihrer Habitat- oder Nahrungswahl sowie ihrer hohen ökologischen und ethologischen Anpassungsfähigkeit
in Wettbewerb zu menschlichen Nutzungsinteressen geraten. Auslöser für die Konflikte sind meistens nicht tatsächliche gravierende wirtschaftliche Schäden oder der
akute Verlust persönlichen Eigentums. Die Ursachen für die Konflikte und damit auch die Schlüssel für das Konfliktmanagement müssen hinter den vordergründig zu Tage
tretenden Argumenten der Betroffenen gesucht werden.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass die meisten Versuche des Naturschutzes, die Konflikte mit naturschutzfachlichen und –rechtlichen Bordmitteln zu lösen, von vorne
herein zum Scheitern verurteilt sind. Kaum scheint eine Lösung gefunden zu sein, wachsen neue Besorgnisse und Vorbehalte wie Pilze aus dem Boden. Wurden gestern noch die
Fraßschäden der Wildgänse als Hauptargument in die Diskussion eingeführt, so stehen morgen Krankheiten und humanpathogene Keime, die von den Gänsen eingeschleppt und
verbreitet werden (können) im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen. Sicherlich wird der Naturschutz auch für diese neuen Argumente die passenden Gegenargumente finden
und sie durch zusätzliche wissenschaftliche Expertisen belegen. Die Hoffnung, dass die Konflikte damit endgültig vom Tisch geräumt werden können, darf damit aber
nicht verbunden werden.
Welche Ursachen verbergen sich aber dann hinter den Konflikten? Warum stellen Habichte, die gelegentlich einmal eine Brieftaube schlagen, ein Problem für Taubenzüchter
dar? Warum sehen Sportfischer ihre Bemühungen zur Wiederansiedlung von Äschen durch Kormorane gefährdet? Warum wenden sich Golfer gegen Kolkraben, die ihre Golfbälle
einsammeln. Warum fordern Vogelfreunde zum Schutz der letzten Großtrappen den Abschuss von Füchsen? Warum sehen sich Jäger herausgefordert, zum Schutz des Niederwildes
die „Überpopulationen" der Rabenvögeln zu regulieren. Warum melden Bergbauern erste Schafrisse zur Entschädigung an, obwohl noch kein Wolf schweizerischen Boden
betreten hat? Warum spricht die Mehrheit der Bevölkerung gegen die Fallenjagd aus, fängt aber trotzdem hiermit Mäuse, sobald sie im eigenen Vorratsraum sitzen?
Nur wenn der Naturschutz Antworten auf diese Fragen findet, gelingt auch die Lösung der aktuellen und noch kommenden Artenschutzkonflikte. Die Entscheidung darüber, ob
eine wildlebende Tierarten in unserem Lande wird existieren können, erweist sich immer stärker als eine Frage der Akzeptanz und der gesellschaftlichen Tragfähigkeit.
Naturschutzfachliche oder ökologische Fragen spielen vor diesem Hintergrund zwar auch eine wichtige, aber dennoch nur untergeordnete Rolle.
In der Vergangenheit hatte sich der Naturschutz in Deutschland vorrangig mit relativ problemlosen Arten zu beschäftigen. Eine Gelbbauchunke, die ihre bescheidenen
Lebensbedürfnisse in einer kleinen Wasserpfütze zu realisieren sucht, gerät dabei kaum in Konflikt mit anthropogenen Interessen. Auch ein Laufkäfer, der sein Dasein
auf irgendwelchen Halbtrockenrasen fristet, löst in der Bevölkerung in aller Regel keine Besorgnisse oder Bedrohungsängste aus. Anders verhält es sich mit großen
Arten mit weiträumigen Lebensräumen (Wolf, Luchs, Fischotter, Biber, Rothirsch, Gänse) oder Arten, die sich als „Meister der Anpassung" an veränderte
Landschaftsbedingungen erweisen. Sie bergen ein hohes Konfliktpotential, standen in der Vergangenheit aber nur ausnahmsweise auf der Rechnung der Naturschützer.
Über umfangreiche, auch internationale Erfahrungen mit Großtieren verfügt hingegen das „wildlife management". Es stellt sich daher die Frage, ob und in welchem
Maße die konzeptionellen Ansätze des „wildlife management" und der Erfahrungsschatz bei der Bewältigung von Artenschutzkonflikten helfen kann. Bereits die erste
Annäherung lässt deutliche Unterschiede in der Methodik und Arbeitsweise von Naturschutz und Wildtiermanagement erkennen. Während der Artenschutz seine Ziele sehr eng
an den ökologischen und naturschutzfachlichen Ebenen ausrichtet, bezieht das Wildtiermanagement darüber hinaus auch Aspekte der zwischenmenschlichen Beziehungen, der
Kommunikation und der Psychologie in die Betrachtung mit ein. Aldo Leopold, der deutschstämmige Begründer des „wildlife managements"-Gedankens in den USA ,
brachte es schon in den dreißiger Jahren auf den Punkt: "Wildtiere zu managen ist nicht schwierig. Das Problem ist das Management der Menschen, die mit diesen
Tieren zu tun haben!"
Auch der Artenschutz muss sich verstärkt darum bemühen, den Menschen gleichberechtigt mit in seine Überlegungen einzubeziehen. Das soll und darf
keinesfalls bedeuten, die Belange der Wildtiere zu ignorieren oder zu vernachlässigen. Das Gegenteil ist der Fall: Nur einem Naturschutz der die Wünsche, Sorgen und Ängste
der Menschen ernst nimmt, wird es gelingen, die Bereitschaft zu wecken, die erforderlich ist, damit auch jene Tiere, bei denen es schwer fällt, toleriert werden.
Biberberatung – „wildlife management" auf
bayerische Art
Zu den wenigen Naturschutzprojekten in Deutschland, die bisher überhaupt versuchen, Gesichtspunkte des „wildlife management"
einzubeziehen, gehört das bayerische Bibermanagement.
Aus der aktiven Lebensraumgestaltung des Bibers entstehen Konflikte mit menschlichen Landnutzern. Erschwerend kommt hinzu, dass mit der Ausrottung des Bibers auch das
Wissen um die Lebensweise des Bibers in der Bevölkerung (einschließlich der Naturschützer) verloren ging. Die wiederangesiedelten Biber behaupteten sich auch in den
mittlerweile tiefgreifend veränderten bayerischen Gewässerlandschaften hervorragend, breiteten sich aus und besiedelten Habitate, die bis dahin als nicht bibergeeignet
angesehen wurden (z.B. Entwässerungsgräben in Gebieten mit landwirtschaftlicher Intensivproduktion). Die sich nahezu zwangsläufig entwickelnden Probleme zwischen
Mensch und Biber schaukelten sich rasch auf. Rat und Hilfe suchende Landwirte oder andere Betroffene wurden bei der Vielzahl von beteiligten Institutionen
(Landwirtschaft, Wasserwirtschaft, Naturschutzbehörden) oft von einer Behörde zur anderen weiter geschoben oder allein gelassen. Eine rasche, unbürokratische und
fachlich versierte Beratung vor Ort gab es in den meisten Problemfällen nicht. Erst als das „Fass überzulaufen drohte" und die landesweite Beseitigung der Biber
gefordert wurde, begann der Naturschutz nach alternativen Strategien und Konzepten zu suchen.
Mit Förderung des Bayerischen Naturschutzfonds und mit Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen wurde 1998 ein
landesweites Projekt "Biberberatung" mit zunächst zwei hauptamtlichen Biberbetreuern aufgebaut. Diese beiden Biber-Berater informieren und beraten schnell und
flexibel im Gelände. Die Spannbreite der Lösungen reicht vom Schutz wertvoller Gehölze durch Drahthosen, dem Einsatz von Drainagen in Biberdämme zum Absenken des
Wasserspiegels, dem gezielten Ankauf von Flächen oder dem Einbau von Drahtgittern entlang von Dämmen und Straßen, um eine Unterminierung durch Biber zu verhindern. Die
Berater vermitteln für den konkreten Fall passende staatliche Förderprogramme oder bei besonderen Härtefällen Ausgleichszahlungen und können bei besonders
problematischen Ausnahmefällen auch Lebendfallen zum Fang von Bibern einsetzen.
Seither konnten mehrere hundert einzelne Fälle, darunter auch zahlreiche „Altlasten" aus den vergangenen Jahren, vor Ort untersucht und sehr häufig auch gelöst
werden. Das professionelle Konfliktmanagement führte auch dazu, dass kontroverse Diskussionen, die in früheren Jahren häufig über die Medien ausgetragen und dabei
oftmals noch verschärft wurden, der Vergangenheit angehören. Innerhalb von weniger als zwei Jahren gelangt es dem Bibermanagement, das Blatt zu wenden und die Akzeptanz
für den Biber (auch bei weiterhin eintretenden Problemfällen) deutlich zu erhöhen. In den nächsten Jahren soll sich der Aufgabenschwerpunkt des Projekts
„Biberberatung" zunehmend von der aus der „Feuerwehrfunktion" zu Konzepten zur langfristigen Konfliktvermeidung entwickeln.
Vom Artenschutz zum Management von Artenschutzprojekten
Das Bibermanagement in Bayern hat Modellfunktion für die Lösung von Artenschutzkonflikten. Andere Naturschutzprojekte (z.B. Luchsmanagement im
Bayerischen Wald) machen sich mittlerweile die positiven Erfahrungen zu eigen. Es steht außer Zweifel, dass auch ein an den Methoden des „wildlife managements"
orientierter Artenschutz nicht konfliktfrei ist oder sein wird. Aber: Die Konflikte verändern sich in Qualität und Quantität, in dem der Nährboden für ein Klima des
Vertrauens entwickelt wird. Und Vertrauen und Berechenbarkeit bilden die Grundlage für die dringend erforderliche gegenseitige Toleranz und Akzeptanz.
Der Artenschutz wäre jedoch schlecht beraten, würde er das bayerische Bibermanagement auf andere Konfliktsituationen übertragen, ohne sich
vorher mit den Grundlagen des „wildlife management" vertraut zu machen. Das Erfolgsrezept des bayerischen Bibermanagements liegt in der gelungenen Kombination von
Naturschutzbiologie, Projektmanagement, Psychologie und Kommunikation.
Artenmanagement ist ein Prozess aus mehreren logisch aufeinanderfolgenden Schritten. Im ersten Schritt muss eine präzise Antwort auf die Frage „Was sind unsere
Ziele?" erfolgen. Die nächsten Schritte müssen dann Antworten auf die Fragen „Wie gelangen wir zum Ziel?" und „Welcher Weg ist der beste?" liefern.
Das beinhaltet die Durchführung einer „stakeholder"-Analyse (Analyse der Anspruchsgruppen), in der die potentiellen Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren
herauszuarbeiten sind, sowie die Vereinbarungen von Zwischenzielen und Meilensteinen zur Überprüfung der Frage „Sind wir (noch) auf dem richtigen Weg?".
Das allein reicht jedoch nicht aus: Gefragt sind auch Moderatoren. Sie dienen in erster Linie der Verbesserung der zwischenmenschlichen Kommunikation. Sie nehmen selbst
keinen Einfluss auf die inhaltliche Entwicklung der Gespräche, sie haben vielmehr die Funktion einer Hebamme, die hilft neue Lösungsideen zu gebären, ohne sie aber
selbst zu zeugen. Die Rolle des Moderators kann zwar auch von internen Personen, die zugleich Fachleute sind, übernommen werden (in Bayern sind das die hauptamtlich,
aber behördenunabhängig arbeitenden Biberbetreuer), bei sensiblen und komplexen Erörterungen sollten jedoch externe Moderatoren, die nicht in die Konflikte involviert
sind, zur Verfügung stehen.
Kommunikative Fähigkeiten und Moderatoren reichen zur Lösung bereits bestehender Konflikte nicht mehr aus. Dann sind externe Fachleute mit Kenntnissen und Techniken des
Konfliktmanagements einzubeziehen. Die Mediatoren sollen helfen, den gordischen Knoten zu durchschlagen, in dem sie die „Streithähne" bei der Suche nach Lösungen
zweiter Ordnung unterstützen und dazu beitragen, das Problem in ein für beide Seiten tragbaren Konsens umzudeuten.
Obwohl die konzeptionellen Ansätze des „wildlife managements" schlüssig sind und sich bei zahlreichen internationalen Artenschutzprojekten als zielführend
erweisen haben, stießen sie bei vielen Teilnehmern auf Ablehnung. Bereits der Gedanke auf die Konfliktpartner zuzugehen, sich mit ihren Befindlichkeiten auseinander zu
setzen und gemeinsam nach Wegen der Konfliktlösung zu suchen, löste Gefühle der Kapitulation aus. Die Notwendigkeit zur Auseinandersetzung mit den widerstreitenden
Interessen sahen die Teilnehmer zwar durchaus, als zulässige Methoden kamen für sie aber nur Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung in Betracht, die wie eine Droge
wirken und die anderen dazu bewegen sollen, die eigene Meinung zu übernehmen.
Doch wohin diese apodiktische Sichtweise führt, zeigten die aktuellen Konfliktbeschreibungen zu Beginn des Seminars (Anmerkung des Verfassers).
Ralf Schulte (NABU-Akademie Gut Sunder)
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