eiweißreichen
Lebensmitteln. In Abhängigkeit vom Standort und der Nutzungsintensität entwickelten sich
insbesondere die Karpfenzuchtgebiete zu besonders hochwertigen Lebensraumkomplexen.
Zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, die ihre Habitate durch Flussregulierungen verloren
hatten, fanden in den künstlich geschaffenen Fischteichen Ersatzlebensräume.
Für den nationalen sowie internationalen Arten- und Biotopschutz sowie den Erhalt der
Biodiversität spielen diese Landschaftselemente eine herausragende Rolle. Die politischen
und wirtschaftlichen Veränderungen in Mittel- und Osteuropa führen jedoch dazu, dass
Teichwirtschaften aufgegeben werden oder ihre Nutzung radikalen Veränderungen unterliegt.
In Bulgarien bleiben 50% der Fischteiche unbespannt. In Ungarn führt die Aufgabe der
Bewirtschaftung zur rasanten Verlandung und zur Monotonisierung der Lebensräume.
Tschechische Fischzuchtbetriebe versuchen durch drastische Intensivierung der
Bewirtschaftung höhere Erträge zu erzielen und sich auf diese Weise am Markt zu
behaupten. Damit geht der Verlust nutzungsspezifischer Lebensräume und
Lebensgemeinschaften einher. Aus den ehemaligen Sahnestücken" des
Naturschutzes drohen "Sorgenkinder" zu werden.
Ziel des Seminars war es, in intensiver Diskussion mit Naturschutzvertretern der ost- und
südosteuropäischen Staaten, Antworten auf folgende für den Schutz und die nachhaltige
Sicherung von Teichlandschaften wichtige Fragestellungen zu finden:
- Warum sind die künstlich angelegten
Teichlandschaften für den Erhalt und den Schutz von biologischer Vielfalt von besonderer
Bedeutung?
- Welche Bedeutung hat die nachhaltige
Bewirtschaftung der Teichlandschaften für den Erhalt und Schutz der biologischen
Vielfalt?
- Welche Prozesse führen in
Teichlandschaften zum Verlust biologischer Vielfalt und durch welche Maßnahmen können
sie aufgehalten werden?
- Wie kann die Entwicklung der biologischen
Vielfalt von Teichlandschaften gefördert werden?
- Welche Anforderungen sind an ein
integriertes Management für Teichlandschaften unter besonderer Berücksichtigung der
Belange des Schutzes und der nachhaltigen Nutzung biologischer Vielfalt zu stellen?
Das Seminar beleuchtete ausschließlich
die gegenwärtige Situation der Karpfenteichwirtschaften. Die thematische Begrenzung
erschien sinnvoll und notwendig, da es sich bei den zur Diskussion stehenden
großflächigen Teichgebieten traditionell um Karpfenzuchten handelt und die für diese
Landschaften gültigen Aussagen nicht auf Forellenzuchtanlagen übertragbar sind.
Wie stellt sich die Situation der
Teichwirtschaften in Zentraleuropa heute dar? [nach oben]
Karpfenteiche sind typischerweise Flachgewässer von meistens weniger als 2 m
Wassertiefe. Sie sind häufig ebenerdig angelegt. Aufgeschüttete Dämme dienen der
Wasserhaltung. Die Wasserversorgung erfolgt durch Einleitungen aus Fließgewässern. Die
Wasserregime werden mit Hilfe von Stau- und Ablassbauwerken, den sogenannten Mönchen,
geregelt. Karpfenteichwirtschaften befinden sich daher meistens in wasserreichen
Landschaften, idealerweise in unmittelbarer Nähe von größeren Bächen oder Flüssen.
Viele Karpfenteichwirtschaften blicken auf eine Tradition von mehreren hundert Jahren
zurück. Ihre Anlage erfolgt nicht selten bereits im Mittelalter. Die polnischen
Teichgebiete am Oberlauf der Weichsel existieren bereits seit mehr als 600 Jahren.
Die Ausdehnung der Karpfenteichgebiete differiert regional sehr stark. Sie bewegt sich
zwischen wenigen Dutzend Hektar und bis zu rund 5.800 ha im Falle der ungarischen
Hortobagy-Fischfarm. Mit über 500 Fischteichen, die sich auf mehrere Teichkomplexe mit
einer Gesamtfläche von über 7.200 ha aufteilen, stellt das tschechische Trebongebiet
eines der Zentren der mitteleuropäischen Teichwirtschaft dar. Zentren der
Karpfenproduktion in Deutschland waren bzw. sind u.a. die Gebiete der Lausitzer
Teichlandschaft, das Ismaninger Teichgebiet bei München sowie die Vielzahl der
fränkischen Teichwirtschaften.
Gegenwärtig nehmen Karpfenteichwirtschaften in Ungarn noch eine Fläche von 24.000 ha
ein. In Kroatien sind es rund 12.000 ha und in Polen ca. 45.000 ha. Für Tschechien wird
die aktuelle Teichwirtschaftsfläche mit rund 60.000 ha angegeben. Zur Blütezeit der
Karpfenzucht im 16. und 17. Jahrhundert waren es noch 180.000 ha.
Die jährliche Gesamtproduktion der Karpfenteichwirtschaften beläuft sich in Ungarn
derzeitig (1998) auf rund 15.000 t. Zehn Jahre vorher waren es noch 25.000 t. Die
deutschen Karpfenproduzenten lieferten 1997 insgesamt 12.000 t.
In Abhängigkeit von den Standortbedingungen und der Bewirtschaftungsform erzielen die
Teichwirtschaften Erträge zwischen 200 und 3.000 kg pro Hektar und Jahr. Die Spitzenwerte
werden gegenwärtig fast ausschließlich von tschechischen Intensivstbetrieben unter
Einsatz von Pellet-Zufütterung, massiver Kalkung und Düngung erreicht. Nach sächsischen
Erfahrungen muss ein Teichwirt unter den heutigen ökonomischen Rahmenbedingungen Erträge
von 800 bis 1000 kg/ha erwirtschaften, um in der Speisefischproduktion wirtschaftlich
erfolgreich zu sein.
Warum gelten Teichwirtschaften als
hotspots" der Biodiversität in der Kulturlandschaft?[nach oben]
Bis heute tragen Karpfenteichwirtschaften zu einer Bereicherung der Diversität des
Biotopangebots und damit zu einer Vergrößerung der Artenzahl in der Kulturlandschaft
bei. Zweifellos ist eine Reihe von Vogelarten in der Vergangenheit durch die
Teichwirtschaft in ihrer Arealausweitung in Mitteleuropa gefördert worden. Zu den
Vogelarten, die in den letzten 150 Jahren von der Teichwirtschaft profitierten zählen
u.a. Schwarzhalstaucher, Schnatter-, Kolben-, Tafel-, Reiher-, Moorente und Lachmöwe.
Auch für die Artengruppe der Reiher (Purpurreiher, Seidenreiher, Rallenreiher,
Nachtreiher) und der Löffler sind die bewirtschafteten Teichgebiete als Nahrungshabitate
von großem Nutzen. Jeder zehnte Löffler brütet nach Angaben von HABERMEIER an den vier
großen Teichgebieten in Kroatien und Ungarn. Trockenliegende, vegetationsfreie bzw.
arme Teichböden werden zum Beispiel von Flussregenpfeifern, Kiebitzen und anderen
Limikolen als Bruthabitate genutzt. Das allmähliche Bespannen der Teiche im Frühjahr
oder ihr langsames Ablassen im Herbst schafft insbesondere für durchziehende Limikolen
bedeutsame Rastplätze. 3000 bis 5000 Moorenten rasten jährlich an den Crna
Mlaka-Fischteichen in Kroatien. Die wichtigste östliche Zugroute des Kranichs führt
über die ostungarischen Fischteichgebiete.
Eine Vielzahl kleinerer Wald-Teichgüter im südwestlichen Ungarn (zwischen Balaton und
Drau) erlaubt zwar nicht die Ausbildung großer Wasservogelkolonien, die Teiche sind
jedoch bedeutsame Lebensräume für Fischotter, Sumpfschildkröte, Moorfrosch,
Rotbauchunke sowie für bis zu 30 zum Teil hochgradig gefährdete Fischarten.
Die herausragende ökologische Bedeutung der Karpfenteichgebiete erklärt sich aus deren
struktureller Vielgestaltigkeit. Selbst innerhalb eines zusammenhängenden Teichgebiets
unterscheiden sich die Teiche in Morphologie, Entwicklungszustand oder Produktivität.
Gleiches gilt für die Bewirtschaftung. Einzelne Teiche dienen ausschließlich als
Laichgewässer, andere zur Anzucht der Jungfische, wiederum andere zum Abwachsen der
Speisefische.
Kennzeichnend für die Komplexität der Landnutzung ist die internationale Tradition die
einzelnen Fischteiche eines Teichgebiets mit individuellen Namen zu versehen. Die
Namensgebung (z.B. Großer Sandteich, Mühlenteich, Wildschweinteich, Großer Möwenteich,
Fettweide) erlaubt sehr häufig Rückschlüsse auf standörtliche oder betriebliche
Besonderheiten. Die Teiche werden von den Fischern wie Persönlichkeiten betrachtet und
auch entsprechend unterschiedlich bewirtschaftet. Diese Bewirtschaftungspraxis
gewährleistet ein in Zeit und Raum wechselndes Angebot verschiedenster Habitattypen und
begründet die hohe Artendiversität der Teichlandschaften.
Eutrophe bis hocheutrophe Teiche mit einer Maximalentwicklung von Phytoplankton und
reduzierter submerser Vegetation ähneln natürlichen Trübwasser-Flachseen. Das
Teichwasser ist meist stark eingetrübt und der Teichgrund wird von einer mächtigem
Schlammschicht aus zersetztem pflanzlichen und tierischen Material überzogen. Häufig
haben sich große Gelegegürtel ausgebildet. Typische Vertreter der Avifauna dieser Teiche
sind schilfbewohnende Arten (Rohrdommeln und Rallen), aber auch Haubentaucher, Stockente
und ggf. Tauchenten wie die Reiher- und die Tafelente. Bei Vorhandensein verschiedener
Verlandungsformationen mit Anschluss an Feuchtwiesen gewinnen diese Teiche oftmals große
Bedeutung für Graugänse, Höckerschwäne und Limikolen.
Andere Teiche entsprechen hingegen eher dem Typus eines Klarwasser-Flachsees mit
artenreicher Unterwasserpflanzenvegetation. Hinsichtlich der Evertebraten-Fauna bilden
Fischteiche, die im jährlichen oder mehrjährigen Rhythmus zwischen Bespannung und
Trockenlegung wechseln, ein Arteninventar aus, das den an regelmäßige
Wasserstandsschwankungen angepassten Pionierlebensgemeinschaften der natürlichen Ufer-
und Überschwemmungsbereiche ähnelt. Optimale Bedingungen finden an diesen Gewässern
häufig Lappentaucher, Gründelenten oder Trauerseeschwalben.
Karpfenteichgebiete gelten auch heute noch zu Recht als hotspots" der
biologischen Vielfalt in der Kulturlandschaft. Den hohen ökologischen Wert der Gebiete
spiegelt die Unterschutzstellung etlicher Teichlandschaften als Nationalparke, Natur- und
Landschaftsschutzgebiete, Important Bird Areas, RAMSAR-Gebiete oder Biosphärenreservate
wieder. Für Deutschland wurden beispielsweise der Ismaninger Speichersee mit Fischteichen
und das Peitzer Teichgebiet als RAMSAR-Gebiete gemeldet. Zu den Gebieten von besonderer
Bedeutung für den Vogelschutz (IBA) zählen u.a. die Meißendorfer Teiche, die
Riddagshäuser Teiche sowie die Peitzer und Bärenbrücker Teiche. Die Anerkennung als
UNESCO-Biosphärenreservat tragen die Fischteiche der Blumberger Mühle in
Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin und die Teichgebiete der Oberlausitzer Heide- und
Teichlandschaft.
Warum ist der Fortbestand der
Karpfenteichwirtschaften gefährdet? [nach oben]
Karpfenteichgebiete sind nutzungsspezifische Wirtschaftsbiotope, deren Entwicklung
maßgeblich durch die jeweiligen ökonomischen Rahmenbedingungen bestimmt wird. Die
Teichwirtschaften unterliegen damit den gleichen Steuerungsmechanismen wie sie auch für
andere Agrarlebensräumen gelten.
Angesichts der prekären marktwirtschaftlichen Situation bei der Produktion von
Süßwasserfischen stehen viele Teichwirtschaften in Europa entweder vor dem Ruin oder
unter dem Zwang zur drastischen Produktionssteigerung. Die Veränderungen der
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Osteuropa verschärfen die Situation dramatisch.
Allein in Bulgarien bleiben 50% der Fischteiche unbespannt, da sich die Bewirtschaftung
nach der Privatisierung der früheren Staatsbetriebe nicht mehr lohnt. In Tschechien
versuchen die Karpfenzuchtbetriebe durch die drastische Intensivierung der Bewirtschaftung
höhere Erträge zu erzielen und sich auf diese Weise am Markt zu behaupten. In beiden
Fällen sind katastrophale Auswirkungen für den Naturschutz die Konsequenz. Entweder
werden aus großen Feuchtgebieten quasi über Nacht Trockenlebensräume oder aber die
Intensivstnutzung führt zum tiefgreifenden Verlust an Habitat- und Artendiversität.
Die dramatische wirtschaftliche Situation der Teichwirtschaften könnte den
Karpfenzuchtbetrieben darüber hinaus die Augen für betriebswirtschaftliche Alternativen
öffnen. So wird mancherorts bereits mehr oder weniger laut über die Umnutzung der
Karpfenteiche zu Wasservogeljagdgebieten, zu Angelsportgewässern oder über die
touristische Vermarktung der Gebiete nachgedacht. Die osteuropäischen Teichlandschaften
stehen damit vor einer Situation wie sie in Deutschland u.a. bereits in den sechziger und
siebziger Jahren an den Meißendorfer Teichen eintrat bzw. einzutreten drohte. In dem
heutigen gesamtstaatlich repräsentativen Naturschutzgebiet führten die sich
verändernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zur Veräußerung größerer
Teichflächen und zur weitestgehenden Aufgabe der extensiven Fischzucht. Zeitgleich
entstand ein Freizeitgelände mit Wassersportgebiet, ein Campingplatz und eine
Ferienhaussiedlung, dessen geplante Ausweitung eine erhebliche Gefährdung für das Gebiet
nach sich gezogen hätte.
Vor diesem Hintergrund steht der Naturschutz aktuell vor der schwierigen Aufgabe,
Strategien und Konzepte zu entwickeln, die gleichermaßen das Überleben der
Teichwirtschaften als auch der Lebensgemeinschaften der Teichgebiete sichern. Ohne
Teichwirte wird es keine Fischteiche geben. Und mit den Fischteichen verschwindet einer
der hochwertigsten Lebensraumkomplexe der mitteleuropäischen Kulturlandschaft. Der Schutz
der Teichwirte und der Schutz der biologischen Vielfalt der Teichgebiete sind daher zwei
Seiten einer Medaille.
Ist der Schutz der Teichlandschaften
lediglich eine nationale oder auch eine internationale Aufgabe? [nach oben]
Die Mehrzahl der für den Naturschutz besonders bedeutsamen Teichlandschaften befindet
sich in Ländern, die an der Schwelle zum EU-Beitritt stehen bzw. den Beitritt
mittelfristig anstreben. Die bereits erfolgten sowie die sich andeutenden Veränderungen
in den Karpfenteichwirtschaften dieser Länder lassen erwarten, dass der Naturschutz mit
Situationen konfrontiert werden wird, wie sie in den vergangenen Jahrzehnten in West- und
später auch in Ostdeutschland eingetreten sind. Die vorauszusehenden Probleme sollten
daher rechtzeitig und unter Berücksichtigung der vorliegenden Erfahrungen angefasst
werden, um den Ereignissen später nicht hinterher laufen zu müssen.
Die europäische Staatengemeinschaften muss sich der internationalen Bedeutung dieser
Feuchtgebiete bewusst sein und die Beitrittsländer ebenso wie bei der Umstellung der
Wirtschaft und der Heranführung der Umweltstandards bereits frühzeitig bei deren
Bemühungen zur nachhaltigen Nutzung und zur Bewahrung der biologischen Vielfalt
unterstützen. In diesem Zusammenhang erscheint es wichtig, dass auch die
Teichwirtschaften bei den derzeitig laufenden Maßnahmen und Programmen, die das
Überleben der Landwirtschaft (z.B. in den ostpolnischen Grünlandgebieten) sichern
sollen, Berücksichtigung finden. Bislang sind entsprechende Unterstützungsprogramme
nicht vorgesehen.
Darüber hinaus wäre aus Sicht der ost- und südosteuropäischen Naturschutzvertreter die
Gründung eines Netzwerks als länderübergreifende Plattform für den Informations- und
Erfahrungsaustausch ein Schritt in die richtige Richtung. Über diese
Kommunikationsplattform sollten dann weitere, ggf. länderspezifische, Maßnahmen und
Unterstützungsprogramme auf staatlicher sowie NGO-Ebene initiiert werden.
Welche Maßnahmen zur nachhaltigen
Nutzung und zum Schutz der Teichlandschaften sind aus Sicht des Naturschutzes
erforderlich? [nach oben]
Die bisherigen Erfahrungen des Naturschutzes mit Agrarlebensräumen zeigen, dass alle
konservierenden Schutzmaßnahmen ein sehr aufwendiges Folgeprogramm an Maßnahmen zur
Gebietsgestaltung und zum management nach sich ziehen. Im Falle der
Teichwirtschaften müsste der Naturschutz die traditionellen teichwirtschaftlichen
Bewirtschaftsmaßnahmen simulieren. Das würde u.a. die Kontrolle der Vegetation, die
Instandhaltung der Dämme, die Kontrolle des Wasserstandes und der Wasserqualität sowie
den Fischbesatz und das Abfischen beinhalten. Allein aus finanziellen Gesichtspunkten
heraus, scheint dieses dauerhaft nicht leistbar zu sein.
Ähnlich wie bei anderen Formen der landwirtschaftlichen Landnutzung ist daher auch eine
auf Nachhaltigkeit bedachte Schutz durch Nutzung"-Strategie anzustreben, die:
- die wirtschaftlichen Interessen der
Teichbewirtschafter befriedigt und ihnen eine dauerhafte Einkommensquelle bietet,
- der Versorgung der Bevölkerung mit Fisch
als hochwertigem Nahrungsmittel dient,
- die kulturelle und landschaftshistorische
Identität der Region fortentwickelt,
- sich an geschlossenen
Nährstoffkreisläufen orientiert,
- die Störgrößen", die
negative Auswirkungen haben, ausschaltet und
- den langfristigen Erhalt der Teiche als
Lebensraum für Pflanzen und Tiere gewährleistet.
Die Erfolgschancen für die Etablierung
von wise use"-Konzepten sind bei Teichwirtschaften wesentlich günstiger zu
beurteilen als bei terrestrischen landwirtschaftlichen Nutzungssystemen. Diese positive
Einschätzung gründet sich auf die in den Teichökosystemen vollkommen andersartigen
Bedingungen. Die Fischteiche wirken als Nährstoffenfallen" und akkumulieren
natürlicherweise Nährstoffe. Die Teichwirte können deshalb selbst dann noch Erträge
erzielen, wenn sie auf die Zufütterung verzichten. Andererseits bereitet auch eine
maßvolle Zufütterung keine Probleme, da das System natürlicherweise in der Lage ist,
diese Nährstoffeinträge abzupuffern.
Die Ziele der Schutz durch Nutzung" - Strategie sollten in gebietsspezifischen
Leitbildern, die allerdings nicht als Dogmen zu betrachten sind, sondern den Teichwirten
hinreichend Spielraum für flexible Maßnahmen geben, formuliert werden. Die Leitbilder
sollten folgendes beinhalten:
- Die Teichwirtschaften versuchen unter
Verwendung flussgebietstypischer Fischarten, ein möglichst vollständiges
Produktionsprofil - von der Brut bis hin zur Vermarktung der Speisefische zu
verwirklichen.
- Die Bewirtschaftung der Teiche erfolgt in
abgestuften Intensitäten unter Berücksichtigung der standortspezifischen Verhältnisse.
- Die vom Nährstoffpotential und den
Einträgen durch das Zulaufwasser abhängige biologische Produktivität der Teiche sollte
voll ausgeschöpft werden. Um der Nährstoffakkumulation in den Teichen entgegenzuwirken,
sollte beim Besatz der Teiche daher darauf geachtet werden, dass das biologische
Ertragspotential nicht unterschritten wird. Sofern die biologische Produktivität keine
vertretbare wirtschaftliche Nutzung ermöglicht, sollten Zufütterungen mit Getreide
möglich sein.
- Die Arten- und Lebensraumvielfalt an und
in den Teichen und das charakteristische Landschaftsbild müssen erhalten bleiben.
In Einzelfällen können darüber hinaus
sehr spezifische Schutzanforderungen des Naturschutzes besonders extensive
Bewirtschaftungsmaßnahmen erforderlich machen. Mehrleistungen oder Einschränkungen des
Bewirtschafters, die auf Wünschen oder Forderungen des Naturschutzes basieren, sollten
mit dem Abschluss von Verträgen finanziell ausgeglichen werden. Gefördert werden sollte
sowohl die Umwandlung einer bisher ausgeübten Nutzung in eine naturschutzkonforme
Bewirtschaftung, als auch die dauerhafte Fortführung einer bereits naturschutzkonformen
Bewirtschaftung.
Beim Abschluss von Verträgen sollten die folgenden Grundsätze Berücksichtigung finden.
Die Grundsätze sollten jedoch nicht als 08/15-Richtlinie verstanden, sondern nach dem
Baukastenprinzip an den Erfordernissen des Einzelfalls ausgerichtet werden:
- keine Beseitigung von Unterwasser- und
Schwimmblattpflanzen
- Schilfschnitt nur im Einvernehmen der
zuständigen Naturschutzbehörde
- keine Eingriffe in Uferstrukturen oder
Ufervegetation
- kein Einsatz von Makrophytenfressern
- keine Bekämpfung mit Bioziden
- keine Desinfektionskalkung
- kein Einsatz von Düngermitteln im Teich
oder Uferbereich
- kein Bau von Stegen oder Gebäuden im
Uferbereich
- kein Bootfahren (außer zur
fischereilichen Nutzung)
- keine Freizeitaktivitäten (Schwimmen,
Surfen, Modellsport)
- kein Angeln
- keine Wassergeflügelhaltung oder
mast
Ergänzend können variable
Vereinbarungen erforderlich sein:
- Karpfenproduktion ohne Zufütterung (POF)
- Karpfenproduktion mit Zufütterung von
Getreide (GZF) mit festgelegtem Zielertrag (in der Regel 700 Kg/ha Abfischmasse)
- sofortiges Wiederbespannen des Teiches
nach dem Abfischen (Winterbespannung)
- Festlegung von Abfisch- und/oder
Anstauterminen
- Verzicht auf besondere Fischarten (Wels,
Hecht)
- pauschaler Ausgleich von Schäden durch
fischfressende Arten für besonders betroffene Teiche
Abweichungen von diesen Grundsätzen
sollten vertraglich vereinbart werden können, wenn dadurch der Schutzzweck nicht berührt
wird.
Gibt es offene Fragen? [nach oben]
Die Karpfenteichwirtschaften können durchaus zu den besser untersuchten
Agrarökosystemen gerechnet werden. Der überwiegende Teil der Forschungen erfolgte jedoch
unter fischereibiologischen bzw. fischereiwirtschaftlichen Fragestellungen.
Naturschutzbiologisch ausgerichtete Forschungsvorhaben sind eher die Ausnahme. Die
Strategien und Konzepte des Naturschutzes gründen sich deshalb in hohem Maße auf
Praxiserfahrungen und weniger auf harten" naturwissenschaftlichen Fakten. Die
Defizite sollten zum Beispiel durch Forschungs- und Erprobungsvorhaben ausgeglichen
werden. Für den Arten- und Biotopschutz wichtige Aspekte wären in diesem Zusammenhang:
- Erforschung der Zusammenhänge zwischen
Bewirtschaftungsintensität (Zufütterung, Düngung, Ertrag usw.) und Habitat- sowie
Artendiversität. Ermittlung von Schwellenwerten.
- Einfluss des Fischbesatzes auf die
Lebensgemeinschaften verschiedener Karpfenteichökosysteme
- Bedeutung unterschiedlicher Altersklassen
des Röhrichts für die Avifauna
- Auslöser für die verschiedene
Entwicklungsstadien der Röhrichtvegetation (Typha-Röhrichte, Schilfröhrichte)
Ralf Schulte (NABU-Akademie Gut
Sunder)
Zitat: SCHULTE, R. (2000):
Teichwirtschaften Sahnestücke des internationalen Arten- und Biotopschutzes.
Ergebnisse eines Seminars der NABU-Akademie Gut Sunder vom 23.10. bis 24.10.1999.
www.nabu-akademie.de/berichte/99teiche.htm (20.06.00) |