Die auf dem Weltgipfel von Rio verabschiedete
Agenda 21, die Übereinkunft über biologische Vielfalt sowie weitere internationale
Naturschutzübereinkommen und -programme (Washingtoner Artenschutz Übereinkommen,
CMS-Bonner Konvention, Berner Konvention, Welterbe-Übereinkommen, Man and
Biosphere-Programm) fordern den ehrenamtlichen Naturschutz in Deutschland heraus,
entwicklungspolitische Instrumentarien in die internationale Naturschutzzusammenarbeit
einzubeziehen.
Die Veranstaltung informierte über die Grundlagen der internationalen Zusammenarbeit und
zeigte, wie bei der Planung von Naturschutzprojekten in der Entwicklungszusammenarbeit
systematisch vorgegangen werden muss. Darüber hinaus wurden den Teilnehmern
Möglichkeiten und Grenzen für eigene Aktionsfelder aufgezeigt.
Ziel des Seminars war es, Vertreter privater Naturschutzverbände und -organisationen mit
den organisatorischen und strukturellen Voraussetzungen der internationalen Zusammenarbeit
im Naturschutz vertraut zu machen. Dazu wurden am Beispiel international arbeitender NRO
die Rahmenbedingungen für internationale Zusammenarbeit aufgezeigt.
Dieter Hoffmann (BirdLife International, Cambridge) stellte in seinem Vortrag zunächst
die Ziele, Aufgaben und Organisationsstrukturen von BirdLife International vor, um im
Anschluss daran das BL-Landesprogramm "Marokko" und die Möglichkeiten der
Netzwerkbildung am Beispiel des Comité des Programmes de Conservation de la Nature (CPCN)
näher zu erläutern.
BirdLife International ist dem internationalen Vogelschutz und dem Erhalt der biologischen
Vielfalt verpflichtet. Dazu arbeitet BirdLife mit 60 Partnerorganisationen zusammen. Die
Arbeit von BirdLife wird von der Idee bestimmt, dass über den Vogelschutz einerseits der
Zugang zu einer breiten Palette von Lebensräumen gewährleistet werden kann und
andererseits Vögel sowohl weltweit vertreten als auch am besten erforscht sind. Darüber
hinaus haben Vögel häufig Bioindikatorfunktion.
Über das BirdLife-Council können die Partner Einfluss auf die Strategie, die Finanzen
und andere Entscheidungen von Birdlife nehmen. Alle vier Jahre findet eine
Strategiekonferenz statt, die folgende Themen behandelt:
- Setting priorities (data analysis, consensus through
advocacy)
- Policy development
- Regional and country programmes
- Constituency and governance
- Communication
Unter der Federführung von BirdLife wurde 1995 das
International Bird Area Programm (IBA) aufgestellt. IBA-Gebiete weisen ein hohes Natur-
und Artenschutzpotential auf, haben eine adäquate Grösse und können in ein bereits
existierendes Netzwerk integriert werden. Die Partnerorganisationen sind aufgefordert bis
zum Jahr 2000 ihre IBAs auszuwählen, ein nationales Vogelschutzkonzept zu entwickeln und
umzusetzen. Endziel ist die Entwicklung eines globalen IBA-Programms.
Am Beispiel eines marokanischen IBA-Projekts versuchte Dieter Hoffmann die Konzeption,
aber auch die Schwierigkeiten zu verdeutlichen. Zielart ist der Waldrapp, von dem weltweit
noch 250 - 300 freilebende Tiere existieren, und dessen grösste Brutkolonie sich in
Marokko befindet. Vor Ort bereiten insbesondere der Gemüseanbau unter Folien, der
Autobahnbau, die Ölverseuchung der Strände sowie die Abholzung erhebliche Probleme. Als
vordingliche Schutzmassnahmen sind die Sicherung der Brutplätze sowie Umwelterziehung
vorgesehen. Die niederländische Partnerorganisation Vogelbescheerming hilft bei der
Finanzierung des Programms.
Zu den erfolgreichen BirdLife-Projekten gehört das Elstern-Programm auf den Seychellen.
Die Zahl der Individuen konnte soweit erhöht werden, daß die Population voraussichtlich
gerettet ist.
Wolfgang Kuhlmann (ARA) informierte in seinem Beitrag über die Grundlagen der
internationalen Naturschutzzusammenarbeit. In einem kurzen historischen Rückblick rief er
zunächst die internationale Entwicklung des Schutzgebietgedankens in Erinnerung.
Beginnend mit der Ausweisung der Yellowstone National Parks in den USA im Jahre 1872
bestehen heute weltweit rund 25.000 Schutzgebiete (ca. 5% der Erdoberfläche). Die
Umsetzung des strikten Naturschutzgedankens stösst insbesondere in neu eingerichteten
Reservaten auf wachsende Schwierigkeiten. Während sich Schutzgebiete in der Vergangenheit
primär als Reservate definierten, leitete die Umweltkonferenz von Rio einen
konzeptionellen Wandel ein. Nicht der Schutz durch Nutzungsverzicht, sondern der Schutz
durch nachhaltige Nutzung steht zunehmend im Vordergrund.
Nachfolgend gab Kuhlmann einen zusammenfassenden Überblick über die rechtlichen
Rahmenbedingungen des internationalen Naturschutzes. Als Meilenstein für den Naturschutz
muss seines Erachtens das Jahr 1975 bezeichnet werden, da mit der RAMSAR-Konvention, der
Welterbe-Konvention der UNESCO sowie dem Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen gleich
drei international bedeutsame Naturschutzabkommen in Kraft gesetzt wurden.
Die RAMSAR-Konvention zum Schutz von Feuchtgebieten internationaler Bedeutung ist bislang
von 75 Mitgliedstaaten unterzeichnet worden. Für RAMSAR standen 660.000 US $ zur
Verfügung.
Fast 150 Mitgliedsstaaten traten mittlerweile der World-Heritage-Convention bei, die klar
definierte Naturschutzziele verfolgt. Über das Man and Biosphere-Programm
konnten bislang insgesamt 320 Biosphärenreservate ausgewiesen werden. Welt-Naturerbe ist
mit 2 Mill. US $ ausgestattet.
Den internationalen Handel mit Wildtieren und -pflanzen sowie deren Derivaten regelt das
von 140 Mitgliedsstaaten unterzeichnete Washingtoner Artenschutzübereinkommen. Die
Einhaltung der Konventionen hängt von der nationalen Gesetzgebung ab. Eine
Vertragsstaatenkonferenz findet ca. alle zwei Jahre statt.
Die 1983 verabschiedete Bonner Konvention, die bislang von 40 Mitgliedstaaten
unterzeichnet wurde, zielt auf den Schutz wandernder Tierarten ab.
Ewald Neubauer (Berater für Projektplanung) erarbeitete in seinem Beitrag am Beispiel der
von den Teilnehmern genannten eigenen Tätigkeitsfelder die Inhalte, Strukturen und
Aufgaben zielorientierter Projektplanung. ZOPP versteht sich als ein struktureller
Kommunikations- und Klärungsprozess zur Konzeptionierung eines Projekts. Grundlage für
seine Durchführung ist das M+E (Monitoring and Evaluation). ZOPP soll helfen, der Gefahr
des "sich verzettelns" zu entgehen.
Ein "gezopptes" Projekt definiert sich über den Auftraggeber, dessen
Projektpartner sowie die von beiden für einen Ort, einen bestimmten Zeitraum sowie eine
Zielgruppe erarbeitete Aufgabenstellung. Ein Projekt ist zeitlich, örtlich als auch
finanziell eingeschränkt.
Bei Projekten der internationalen Zusammenarbeit wird die Projektidee im Partnerland unter
der Einbeziehung der "gender"-Frage entwickelt. Das grundsätzliche Ziel sollte
die Beseitigung von Armut sowie die Förderung pluralistischer Strukturen und der
Nachhaltigkeit beinhalten.
Die Projektbeschreibung verlangt, dass der Projektbetreiber sich mit den Bedingungen vor
Ort auseinandersetzt. Seine Beweggründe sind darzustellen. Die Ausgangssituation muss gut
erklärt und die eigene Sichtweise verdeutlicht werden.
Desweiteren werden Projekte durch klar definierte Entwicklungsziele, Projektzielleistungen
(u.a. Aktivitäten, die zum Ziel führen sollen) und Evaluationskriterien definiert.
Wolfgang Kuhlmann (ARA) erläuterte bestehende Förderungs- und Kooperationsmöglichkeiten
für Non Governmental Organizations (NGO). Es wies darauf hin, dass bisher keine
Fördermittel für reine Naturschutzprojekte zur Verfügung standen und die Unterstützung
internationaler Naturschutzzusammenarbeit eine neue Komponente darstellen würde. So
arbeitet ARA mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und privaten
Trägern zusammen. Ein möglicher Kooperationspartner wäre für Kuhlmann auch die
Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ), die über einen Haushalt von ca.
760.000 Millionen DM verfügt, von denen zur Zeit 300 Millionen DM an kirchliche
Einrichtungen, 130 Millionen DM an Gewerkschaften und Einrichtungen wie Caritas sowie 30
Millionen an private Träger gehen. Mit Ausnahme des WWF haben naturschutzorientierte NGOs
zur Zeit noch keinen Zugriff auf Mittel der GTZ. Für die Umsetzung der
Biodiversitätskonvention steht ein mit 12 Millionen DM ausgestatteter Fond zur
Verfügung, der bisher aber nicht ausreichend genutzt wird. Die von der GTZ zur Verfügung
gestellten Gelder sind Zuschüsse in Höhe von 75% der Gesamtsumme. Der Restbetrag muss
vom Partner vor Ort aufgebracht werden. Eine jährliche und genaue Abrechnung ist
erforderlich.
An verschiedenen Beispielen setzte sich Kuhlmann kritisch mit der Arbeitsweise der GTZ
auseinander. So könnte beispielsweise der Bau einer Schule unterstützt werden, während
die Durchführung eines Bildungsprogramms oder Verwaltungs- und Personalkosten für
Lehrkräfte nicht vorgesehen seien.
Die Arbeitsweise und der Einfluss von Weltbank und Global Environment Facility (GEF) auf
die Entwicklungsmöglichkeiten von Dritte Welt Staaten standen im Mittelpunkt der
Beiträge von Olaf Dierker (Urgewald e.V., Sassenberg) und Ellen Schmidt (WEED, Bonn).
Zunächst gab Dierker eine umfassende Darstellung der Weltbank, in der mit Ausnahme von
Kuba und Nordvietnam alle Länder anteilig vertreten sind. Die G7-Staaten haben jeweils
eine Stimme. Die Weltbank untergliedert sich in:
- International Bank for Reconstruction and Development
(IBRD), die rückzahlbare Kredite für den Wiederaufbau und die Entwicklung zur Verfügung
stellt. Sie arbeitet gewinnorientiert. Kreditanträge können über Regierungen gestellt
werden.
- International Development Association (IDA) fördert mit
ihren Krediten die Entwicklung der Schwellen- bzw. Entwicklungsländer. Ihre Kredite sind
günstiger als die der IBRD, müssen aber ebenfalls zurückgezahlt werden.
Antragsberechtigt sind ebenfalls nur Länderregierungen.
- International Finance Corporation (IFC) arbeitet mit
privaten Unternehmern zusammen.
- Multilateral Investment Agency (MIGA) arbeitet mit Firmen,
die in Länder der Dritten Welt liefern zusammen (z.B. HERMES Deutschland).
Am Beispiel des Waldregenerationsprogramm der Slowakischen
Republik sowie eines Vorhabens zum Kohleabbau und zur Energiegewinnung im Norden Indiens
(Kraftwerksbau) verdeutliche Dierker anschliessend die Arbeitsweise der Weltbank.
In die Arbeit der Global Environment Facility (GEF) führte der Vortrag von Ellen Schmidt
ein. Die GEF wurde 1989 gegründet. Für eine dreijährige Pilotphase standen ihr
insgesamt 1.3 Mrd US $ zur Verfügung. 1994 erfolgte die Evaluierung durch die Weltbank.
Bis 1997 sind 2 Mrd. US $ vorgesehen. Die BRD ist der drittgrösste Geldgeber.
Oberstes Entscheidungsgremium ist der GEF-Executive
Council, der zweimal jährlich in Washington zusammentritt und alle durchzuführenden
Projekte verabschiedet. Bei den Sitzungen des Exekutivrats werden Entwicklungsländer
stärker beteiligt als bei der Weltbank. Non-Governmental-Organisations (NGO) sind mit 5
Vertretern mit Beobachterstatus im Executive Council vetreten, können aber keine Gelder
beantragen.
Global Environmental Facilities (GEF) verfügt über Finanzmittel zur Unterstützung von
Projekten in den Bereichen Klima, Ozon, Meere, biologische Vielfalt. Zu den
GEF-geförderten Projekten zählt unter anderem ein mit 6 Millionen DM gefördertes
"awareness raising"-Programm am Malawi See sowie ein mit 7 Mio. US $
ausgestattetes Vorhaben zur Erhaltung von zwei Affenarten am Tana River. Das 1992
begonnene Projekt wurde notwendig, nachdem sich die örtliche Bevölkerung als Folge eines
Staudammbaus verstärkt in dem Vorkommensgebiet der Affenarten ansiedelte. Insbesondere
das letztgenannte Vorhaben verdeutlicht nach Auffassung von Frau Schmidt aber auch die
Probleme der GEF-Programme. So seien die Projekte nicht dem Grundsatz der Nachhaltigkeit
verpflichtet. Zudem würde, da präventive Umweltschutzmaßnahmen keine Unterstützung
fänden, bestenfalls die Folgen, aber nicht die Ursachen der Umweltzerstörung beseitigt.
Die Veranstaltung trug insgesamt dazu bei, Grundlagenwissen über
Entwicklungszusammenarbeit zu vermitteln. Am Beispiel von ZOPP wurden die bundesdeutschen
Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit erläutert und das systematische Vorgehen an
Fallbeispielen erarbeitet. Die Betrachtung der Weltbankgruppe sowie des Globalen
Umweltfond (GEF) machte die Finanzströme deutlich und gab Auskunft über die Arbeitsweise
der Organisationen. Mit der Vorstellung vorhandener Förderungs- und
Kooperationsmöglichkeiten im Bereich internationaler Projekte wurden die Spielräume für
NRO aufgezeigt. Ausserdem wurde deutlich, wie bei der Planung von Naturschutzprojekten in
der Entwicklungszusammenarbeit systematisch vorzugehen ist.
Das Seminar gab den Teilnehmern die Möglichkeit, die eigenen Aktionsfelder im
Gesamtkontext der deutschen Entwicklungszusammenarbeit realistisch zu bestimmen, sodaß
zukünftige Projekte daran ausgerichtet werden können.
Dipl.-Biol. Ralf Schulte, NABU-Akademie Gut Sunder |