CMS UND AEWA IN DEUTSCHLAND

Ergebnisse eines Seminars der NABU-Akademie Gut Sunder vom 21. November 2002


Ziele und Inhalt

Die Bonner Konvention (Convention on the Conservation of Migratory Species of Wild Animals - CMS) und das Regionalabkommen zur Erhaltung der afrikanisch-eurasischen wandernden Wasservögel (AEWA) sind selbst in der naturschutzfachlich interessierten Öffentlichkeit kaum bekannt. Dabei gilt gerade das unter dem Dach der CMS unterzeichnete AEWA-Abkommen unter Naturschutzexperten als Meilenstein im Schutz wandernder Tierarten. Es erfasst derzeit 117 Staaten mit 60 Millionen Quadratkilometern und 172 Arten, wie den Weißstorch, Pelikane, Flamingos und gefährdete Enten, die auf intakte Feuchtgebiete angewiesen sind. AEWA ist damit nicht nur ein wesentliches Instrument zur Erhaltung der Wasservögel auf dem Zugweg, sondern bietet wichtige Argumentationshilfen für den Zugvogelschutz auf regionaler und lokaler Ebene.

Ziel der Veranstaltung war es, die Bonner Konvention und das Regionalabkommen zur Erhaltung der afrikanisch-eurasischen wandernden Wasservögel vorzustellen sowie über seine internationale und nationale Dimension zu informieren. Vor dem Hintergrund der gerade in Bonn beendeten Vertragsstaatenkonferenz von CMS und AEWA soll eine Zwischenbilanz des bisher Erreichten gezogen werden und ein Blick auf die Umsetzung sowie die Weiterentwicklung der Abkommen geworfen werden.

Ergebnisse

Die Bonner Konvention wurde von Deutschland ausgearbeitet und 1975 abgeschlossen und befasst sich mit dem internationalen Schutz wandernder Tierarten, z.B. dem Weißstorch, in Brutgebieten, Überwinterungsgebieten und auf Rastplätzen. Sie bezieht sich hauptsächlich auf Vögel, hinzu kommen eine Reihe Fledermausarten, Seehunde und Walarten. Die Bonner Konvention arbeitet mit zwei Regelungskreisen:

  • Der strikte Schutz für die in Anhang 1 aufgeführten, stark gefährdeten Arten

  • Regionalabkommen für den Schutz der in Anhang 2 aufgeführten, weniger stark gefährdeten Arten 

Regionalabkommen bestehen z.B. zwischen Deutschland, Dänemark und den Niederlanden zum Schutz von Seehunden und es gibt Abkommen zur Erhaltung der europäischen Fledermauspopulation und zum Schutz der Kleinwale in Nord- und Ostsee.

Das größte Abkommen ist das AEWA - Abkommen, das 1995 abgeschlossen wurde und sich mit dem Schutz wandernder Wasservögel befasst. Das Abkommen, in dem wesentliche Grundsätze und Erhaltungsmaßnahmen festgehalten sind, hat drei Anlagen:

  • Anlage 1 befasst sich mit der Bestimmung des Abkommensgebiets

  • Anlage 2 listet die Wasservogelarten auf, auf die dieses Abkommen anwendbar ist

  • Anlage 3 umfasst die Aktionspläne, in denen allgemeine Verpflichtungen für die jeweiligen zu schützenden Arten konkretisiert werden

Im ersten Vortrag berichtet Gerhard Adams (BMU) über die Umsetzung von CMS und AEWA in Deutschland, Inhalte, Ergebnisse und Konsequenzen der Vertragsstaatenkonferenzen im September 2002 in Bonn. Adams bewertet die Ergebnisse als relativ positiv. Die Bonner Konvention sei allgemein auf gutem Weg, die Zahl der Vertragsparteien nimmt zu und die Zahl der Regionalabkommen ebenso.

Es wurden Anhangsänderungen beschlossen: drei weitere Walarten wurden aufgenommen sowie die Turteltaube.

Eine Reihe von Resolutionen wurden beschlossen über:

  • Elektrokution (siehe Abschnitt "Vogelschutz an Energiefreileitungen")

  • Windkraft und wandernde Tierarten (vor allem Offshore - Windenergie)

  • Ölverschmutzung

  • Impact Assessment (Umweltverträglichkeitsprüfung)

  • Militärversuche, die Tierarten im Meeresbereich beeinträchtigen

  • Schiffskollision und Lärm

In das AEWA - Abkommen wurden 65 Wasservogelarten neu aufgenommen und Diskussionen um die Aufnahme weiterer Arten haben begonnen.

Bundesumweltminister Trittin hat 1.000.000 Euro für das 2004 bis 2008 geplante "African - Eurasian - Flyway Projekt" zugesagt.

Trotz all diesen positiven Entwicklungen ist aber ein stärkeres Engagement der Verbände an der Arbeit der Bonner Konvention wünschenswert, bei den Regionalabkommen ist es dagegen zufriedenstellend.

Im zweiten Beitrag referierte Dr. Markus Nipkow (NABU-Vogelschutzreferent) zum Vogelschutz an Energiefreileitungen. Nipkow betonte, dass viele Gefahren für Vögel von Energiefreileitungen ausgehen. Betroffen sind Hochspannungs- und Mittelspannungsleitungen. Bei Hochspannungsleitungen besteht die große Gefahr der Kollision von Vögeln mit den Stromleitungen, durch die Vögel schwer verletzt oder gar getötet werden. Bei Mittelspannungsleitungen geht die Gefahr von den Masten, die Vögel häufig als Sitzwarte nutzen, aus, wenn diese nicht angemessen isoliert sind. Dabei kann es ebenso zum Tod des Vogels durch Kurzschluss kommen, was der Fall ist, wenn der Vogel zwei Leitungen gleichzeitig berührt, oder zum Erdschluss, was passiert, wenn der Vogel gleichzeitig eine Stromleitung und den geerdeten Mast berührt. Dieses kommt weitaus häufiger vor.

Diese Gefahren bestehen weltweit, da weltweit der Strom größtenteils durch oberirdische Freileitungen transportiert wird, und finden relativ wenig Beachtung. Hauptsächlich sind große und gefährdete Vogelarten von diesem Problem betroffen, z.B. der Weißstorch, was ein Handeln unbedingt notwendig macht.

Daher hat der NABU zusammen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit für die 7. Vertragsstaatenkonferenz der Bonner Konvention eine Resolution gegen den Stromtod von Vögeln erarbeitet. Nun gibt es einen neuen Vogelschutzparagraphen, der besagt, dass neue Stromleitungsanlagen entsprechend gesichert sein müssen und die bereits vorhandenen innerhalb von zehn Jahren zu sichern sind. Das bedeutet eine bundeseinheitliche Regelung mit klarer Zeitvorgabe, was als sehr positiv zu bewerten ist. Die gefährlichen Mastentypen wurden definiert, was eine eindeutige Lösung dieses Problems möglich macht.

Nun soll in einem Projekt der Schutz von Vögeln an Energiefreileitungen auch auf Mittel- und Osteuropa ausgedehnt werden, da sich die Wanderwege eurasischer Zugvögel auch auf diese Regionen konzentriert, und weil ihr Schutz effektiv nur durch länderübergreifende Regelungen gewährleistet werden kann.

Im nächsten Vortrag erläuterte Jochen Bellebaum (NABU) die Umsetzung der Aktionspläne in Deutschland am Beispiel des Seggenrohrsängers - Möglichkeiten, Grenzen, Probleme.

Seit 1993 gibt es von Bird Life International die "Species Action Plans" zur Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie und der Berner Konvention, die den Aktionsrahmen für Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen und angewandte Forschung geben. Ihre Zielsetzung ist es, Gefährdungsursachen und Schutzmaßnahmen zu ermitteln, ihre politische Umsetzung zu unterstützen und eine Richtschnur für EU - Förderprogramme zu bieten.

Der Seggenrohrsänger ist ein kleiner brauner Vogel, von dessen Art es weltweit nur noch 20.000 singende Männchen und wahrscheinlich noch weniger Weibchen gibt.

Nur fünfzehn Exemplare des Seggenrohrsängers leben in Brandenburg, sonst kommt er nicht mehr in Deutschland vor.

Es gibt zwei Populationen des Seggenrohrsängers, die Sibirische und die Pommersche, welche beide einen starken Rückgang erfahren, diese zu erhalten aber für die biologische d.h. genetische Vielfalt von hoher Bedeutung ist.

Durch die Entwässerung der Moore, die ihnen als Brutrevier dienen, kommt es zu Habitatsverlust des Seggenrohrsängers, hinzu kommen lokale Gefährdungen durch intensive Grünlandnutzung, Torfabbau in Niedermooren und unkontrolliertes Abbrennen.

Der Aktionsplan für den Seggenrohrsänger beinhaltet deshalb:

  • Langfristig: Wiederherstellung von Seggenmooren als Primärhabitat

  • Sicherung vorhandener Brutplätze

  • Kurzfristig: Schaffung weiterer Bruthabitate

  • Monitoring und Erfolgskontrolle

Die bisherige Umsetzung umfasst den Vertragsnaturschutz in Deutschland sowie eine Bestandserfassung und das lokale Management von Brutplätzen in Polen.

In Perspektive stehen Naturschutzprojekte des Bundes zur Wiederherstellung von Seggenmooren und zum Management von Brutplätzen.

Die Umsetzung von Aktionsplänen ist jedoch allgemein nicht so einfach, denn sie besitzen noch nicht mal Verbindlichkeit, sondern werden erst verpflichtend als Memorandum, dass den Aktionsplan beinhaltet. Zudem sind die politischen Folgen sehr gering oder sehr weit in der Zukunft liegend, wenn Naturschutzrichtlinien verletzt werden. Beim Seggenrohrsänger kommt noch die spezielle Problematik hinzu, dass er kein besonders interessanter und repräsentativer Vogel ist, wodurch an ihm kein Interesse seitens der Medien und der Öffentlichkeit besteht. Bei "repräsentativeren" Vögeln, wie dem Steinadler oder dem Weißstorch scheint die Umsetzung der Aktionspläne dadurch auch weitaus besser zu funktionieren.

Zusammenfassung der Ergebnisse und Handlungsempfehlungen

Die Vorträge und Diskussionen verdeutlichen, dass durch die Existenz von CMS und AEWA in Deutschland sowie durch den Einsatz des NABU in diesem Bereich schon viel erreicht wurde. Aber diese Abkommen müssen ständig den Gegebenheiten im Freiland angepasst werden und entsprechende Evaluation muss betrieben werden. Nur so war es möglich, dass in das AEWA 65 Wasservogelarten neu aufgenommen wurden. Ebenso wurden die Empfehlungen des NABU gegen den Stromtod von Großvogelarten sehr positiv gesehen und finden ihren ersten Erfolg in der Zusammenarbeit mit dem BMU und der hieraus entstandenen Resolution gegen den Stromtod von Vögeln. Probleme werden noch bei der Umsetzung von Aktionsplänen am Beispiel des Seggenrohrsängers gesehen, da diese keine allgemeine Verbindlichkeit besitzen. Diese müssen weiter zu einem verbindlichen Memorandum entwickelt werden. Trotz vieler positiver Entwicklungen ist aber ein noch stärkeres Engagement der Naturschutzverbände und auch des NABU an der Arbeit der Bonner Konvention empfehlens- und wünschenswert.

Carlo Engstfeld (NABU-Akademie Gut Sunder)

Zitatempfehlung:
Engstfeld, E. (2002): CMS und AEWA in Deutschland. - Ergebnisse eines Seminars der NABU-Akademie Gut Sunder (21.11.2002). www.nabu-akademie.de/berichte/02_cms-aewa.htm (08.04.2003)


Weiterführende Links zum Thema

  • Wissenswertes, Veröffentlichungen und offizielle Dokumente zur Bonner Konvention (CMS) und den verschiedenen Regionalabkommen gibt es in englischer Sprache über die Internetseite des UNEP World Conservation Monitoring Centre

  • In deutscher Sprache ist der Text der Bonner Konvention sowie der dazugehörigen Regionalabkommen auf der Internetseite des Auswärtigen Amts zu finden.

  • Über die 7. Vertragsstaatenkonferenz zum Schutz wandernder Tierarten sowie die NABU-Forderungen zum Aspekt des Stromtods (Elektrokution) informiert die Website des NABU.


Die Tagungsveranstaltung wurde vom Bundesamt für Naturschutz aus Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert. Die Veranstaltungsinhalte und -ergebnisse geben nicht unbedingt die Meinung des Bundesumweltministeriums, des Bundesamt für Naturschutz oder des Naturschutzbund Deutschland (NABU) wieder.