Naturschutz auf der lokalen Agenda

Ergebnisse eines Infoseminars der NABU-Akademie Gut Sunder vom 23. bis 24. August 2003


Auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro wurde 1992 neben den Konventionen zum Klimaschutz und zum Schutz der biologischen Vielfalt das Aktionsprogramm Agenda 21 verabschiedet. Die Agenda 21 setzt ihren politischen Schwerpunkt auf eine zukunftsweisende, umweltverträgliche und nachhaltige Entwicklung. Auf nationaler Ebene spielen neben Bund und Ländern insbesondere die Kommunen eine wichtige Rolle bei ihrer Umsetzung.

In den letzten Jahren entstanden in vielen Kommunen Aktivitäten zur sogenannten "Lokalen Agenda 21". Ziel der Veranstaltung war es, exemplarisch über die Möglichkeiten zur verstärkten Berücksichtigung von Naturschutzmaßnahmen und -projekten im Rahmen der kommunalen Agenda-Arbeit zu informieren sowie Ideen und Handlungsempfehlungen für das Engagement von Naturschutzgruppen im Agenda-Prozess zu entwickeln.

Was war das besondere an dem Umweltgipfel der 1992 von Rio de Janeiro stattfand?

In den achtziger Jahren schreckten Prognosen zur Klimaveränderung aufgrund des Treibhauseffektes und Meldungen über ein immer größer werdendes Ozonloch die Menschheit auf. Gleichzeitig eröffnete das Ende des Kalten Krieges neue Möglichkeiten zur globalen Zusammenarbeit.

Im Juni 1992 begaben sich Regierungsdelegationen aus 178 Ländern, Abgesandte lokaler Behörden, Vertreter von Entwicklungs- und Umweltverbänden und anderer NROs aus 120 Staaten zusammen mit Repräsentanten aus Wissenschaft und Wirtschaft unter der Ägide der Vereinten Nationen nach Rio de Janeiro, um gemeinsam Konzepte zur Lösung der globalen ökologischen und sozialen Krisen zu erarbeiten und deren Umsetzung zu beschließen. Maßgebliche Anstöße für die Diskussion gab der 1987 von der Weltkommission für Entwicklung und Umwelt unter der Leitung der damaligen norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland vorgelegte Brundtland-Bericht.

Als Ergebnis der Umweltkonferenz verabschiedete die Staatengemeinschaft die Agenda 21 als programmatisches Abschlussdokument. Weiterhin beschloss man die Konventionen zum Schutz des Klimas und zum Schutz der biologischen Vielfalt (Biodiversität).

Was heißt Agenda 21?

Der Begriff "Agenda" leitet sich vom lateinischen "agere" ab und bedeutet soviel wie "tun, machen". Die Agenda listet also "die zu erledigenden Dinge" auf. Der Zusatz "21" steht für das einundzwanzigste Jahrhundert.

Die Agenda 21, die auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro verabschiedet wurde, listet in 41 Kapitel und auf rund 300 Seiten die wichtigsten im 21. Jahrhundert zu erledigenden Dinge auf. Gleichzeitig formuliert sie Lösungsansätze, bleibt dabei aber aufgrund des globalen Ansatzes in vielen Bereichen sehr vage und unklar.

Zentraler Begriff in der Agenda 21 ist "sustainable development". Tragende Säulen des Aktionsprogramms sind Ökonomie, Ökologie und soziale Gerechtigkeit. Diese Bereiche sollen nicht mehr isoliert voneinander betrachtet, sondern als vernetztes System mit vielen Abhängigkeiten und Wechselwirkungen verstanden werden. Deshalb gehören die Armutsbekämpfung, die Bevölkerungs- und Entwicklungspolitik, die Gesundheitsvorsorge, die Veränderung von Konsumgewohnheiten, die Landwirtschaft und der Bodenschutz, die Siedlungsentwicklung, der Schutz von Erdatmosphäre, Wasserressourcen und biologischer Vielfalt ebenso zum Inhalt der Agenda 21 wie der Umgang mit Abfall und Chemikalien.

Unterzeichnet wurde die Agenda 21 von Regierungsvertretern aus 179 Ländern. Das Dokument hat keine völkerrechtliche Verbindlichkeit.

Was bedeutet Lokale Agenda 21?

Im Anbetracht der Tatsache das viele Stellschrauben der nachhaltigen Entwicklung auf örtlicher Ebene gestellt werden müssen (z.B. Versorgung mit Energie und (Ab-)Wasser, Siedlungsbau, Müllentsorgung, Verkehr) misst die Agenda 21 der Ebene der Kommunen eine besondere Bedeutung bei. Im Kapitel 28 der Agenda 21 heißt es deshalb: "Da viele der in der Agenda 21 angesprochenen Probleme und Lösungen auf Aktivitäten auf der örtlichen Ebene zurückzuführen sind, ist die Beteiligung und Mitwirkung der Kommunen ein entscheidender Faktor bei der Verwirklichung der in der Agenda enthaltenen Ziele."

Deshalb erhielten die Kommunen weltweit den Auftrag, bis 1996 jeweils ihre eigenen lokalen Agenden 21 zu erarbeiten, um auf diese Weise den globalen Rahmen der Agenda 21 mit praktischen Inhalten auszufüllen. In den örtlichen Entwicklungs- und Umsetzungsprozess sollen nach Willen der Agenda 21 ausdrücklich die Bürgerinnen und Bürger, die örtlichen Organisationen (z.B. Vereinen, Umweltgruppen, Sozialeinrichtungen etc.) und die Privatwirtschaft einbezogen werden. Sie sollen mit ihrem Wissen, ihren Kenntnissen und Erfahrungen die Visionen und Projekte entwickeln, die für einen nachhaltigen Lebensstil weltweit erforderlich sind; denn, so der Geist der Agenda 21: Weltweit beginnt vor Ort!

Die Lokale Agenda 21 ist also keine eigenständige To-Do-Liste für die kommunale Ebene, sondern die an alle Kommunen der Welt gerichtet Aufforderung, ein eigenes Programm zur "nachhaltigen" Kommunalentwicklung im Sinne der Agenda 21 aufzustellen. Zur Erarbeitung und Umsetzung der lokalen Aktionsprogramme sollen die Städte und Gemeinde "in einen Dialog mit ihren Bürgern, örtlichen Organisationen und der Privatwirtschaft eintreten". Bürgerbeteiligung und Konsensorientierung sollen dabei wichtige Eckpfeiler der lokalen Agenda-Prozesse sein.

Was ist Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit ist zu einem Schlüsselbegriff der Agenda 21-Debatte in Deutschland geworden. Der Begriff ist jedoch nicht neu. Bereits im 14. Jahrhundert tauchte das Konzept der Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit der Bewirtschaft der Wälder erstmals auf. So sollte nur soviel Holz eingeschlagen werden, wie nachwächst. 1795 formulierten dann Hartig & Hartig in ihrem forstnaturwissenschaftlichen Conversations-Lexikon , dass die Wälder so zu nutzen seien, dass die Nachkommenschaft ebensoviele Vorteile daraus ziehen könne, als sich die jetzt lebende Generation zueignet.

Die moderne Definition des Nachhaltigkeitsbegriffs im Brundtland-Berichts kommt den oben erwähnten frühen Begriffserklärungen sehr nahe. Dort heißt es: "Nachhaltige Entwicklung (sustainable development) ist eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können." Nachhaltigkeit ist also das Gegenteil von Kurzsichtigkeit, Konzeptions- und Planlosigkeit.

Was bedeutet "sustainable development" oder "nachhaltige Entwicklung"?

In den achtziger Jahre bestimmte das Konzept der "aufholenden Entwicklung" die Zusammenarbeit zwischen Entwicklungs- und Industriestaaten. Dieser Ansatz ging jedoch gründlich daneben. Zum einen, weil sich die Entwicklungsländer nicht so einfach modernisieren und auf den Stand der Industrieländer bringen ließen, und zum anderen, weil die Entwicklung in den Industrieländern selbst alles andere als vorbildlich verlief.

Die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung verfiel daher auf die Idee, dem Entwicklungsbegriff (development) das Attribut "sustainable" voranzustellen. Ins Deutsche übersetzt bedeutet "sustainable development" soviel wie nachhaltige, dauerhafte, zukunftsfähige oder dauerhaft-umweltgerechte Entwicklung. Damit sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass eine Entwicklungspolitik anzustreben sei, die sich in den drei maßgeblichen Politikfeldern Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft am Grundsatz der Nachhaltigkeit orientiert. Nachhaltige Entwicklung bedeutet also mehr als Umweltschutz; denn neben dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen bildet auch wirtschaftliches Wohlergehen eine wichtige Voraussetzung für die Befriedigung unserer materiellen und immateriellen Bedürfnisse. Darüber hinaus unterstellt "nachhaltige Entwicklung", dass nur eine solidarische Gesellschaft ist in der Lage sei, die erworbenen wirtschaftlichen Güter und Chancen gerecht zu verteilen, die gesellschaftlichen Werte zu bewahren sowie die Nutzung der natürlichen Ressourcen effizient und wirksam zu organisieren.

Was hat der Brundtland-Bericht mit der Agenda 21 zu tun?

Der 1987 von der Weltkommission für Entwicklung und Umwelt unter der Leitung der damaligen norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland vorgelegte Bericht gilt als Vorläufer und Wegbereiter der Agenda 21. Klassisch geworden ist die darin vorgenommene Definition des sustainable development: "Unter dauerhafter Entwicklung verstehen wir eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen. Die Forderung, diese Entwicklung dauerhaft zu gestalten, gilt für alle Länder und Menschen. Die Möglichkeit kommender Generationen, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, ist durch Umweltzerstörung ebenso gefährdet wie durch Umweltvernichtung durch Unterentwicklung in der Dritten Welt".

Welche Rolle spielt Naturschutz in lokalen Agenda 21-Prozessen?

Die Bedeutung des Naturschutzes ergibt sich aus der prominenten Rolle, die die biologische Vielfalt in der Agenda 21 einnimmt. Das Kapitel 15 des Originaldokuments widmet sich ausführlich ihrem Erhalt. Der Begriff "Biologische Vielfalt" (Biodiversität) vereint die Bereiche Artenvielfalt (alle lebenden Organismen), Vielfalt der Lebensräume (lokale, regionale, globale Ökosysteme) und genetische Vielfalt innerhalb der Arten. Ziele der Biodiversitätskonvention sind der Erhalt der Biologischen Vielfalt, ihre nachhaltige Nutzung sowie die ausgewogene und gerechte Verteilung der Chancen, die sich aus ihrer Nutzung, insbesondere der genetischen Ressourcen, ergeben.

Der hohe Stellenwert, den die internationale Staatengemeinschaft auf der Konferenz von Rio de Janeiro der Biodiversität beigemessen hat, kommt auch darin zum Ausdruck, das zusammen mit der nicht völkerrechtsverbindlichen Agenda 21, die völkerrechtsverbindliche Konvention über Biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity (CBD) unterzeichnet wurde. 183 Staaten sind der Konvention, die am 29.12.1993 in Kraft trat, beigetreten. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat den 22. Mai zum Internationalen Tag der Biologischen Vielfalt erklärt.

Trotz der herausragenden Rolle, die man bei der Erarbeitung der Agenda 21 dem Erhalt von Natur und Umwelt beigemessen hat, sind diese Themen nicht der "Nabel der Agenda 21-Prozesse". Die Lokale Agenda 21 stellt vielmehr einen allgemeinen Orientierungsrahmen für politisches Handeln in allen gesellschaftlichen Bereichen dar. Auch wenn sie umwelt- und naturschutzpolitisch begründet ist, ist sie keineswegs auf diese Handlungsfelder zu begrenzen.

Im übrigen ist zu berücksichtigen, dass der von der Agenda 21 bzw. der Konvention zum Schutz der Biodiversität formulierte Naturschutzansatz in vielen Fällen deutlich über die tradierte Sichtweise des Naturschutzes hinausgeht. So gilt die Nutzung von biologischer Vielfalt nicht per se als etwas schlechtes, zumal wenn sie den Erhalt der Biodiversität nicht beeinträchtigt oder die Nutzung das Ziel des Biodiversitätsschutzes sogar unterstützt.

Ist die Beteiligung von Naturschutzgruppen überhaupt gewollt?

Wie wichtig Basisgruppen und NRO für die Verwirklichung der Rio-Beschlüsse sind, haben die Regierungen in der Agenda 21 selbst zum Ausdruck gebracht. NRO können sich vor allem auf das Kapitel 27 berufen, wenn es darum geht, mehr Mitsprache einzufordern. Hier verpflichten sich die Regierungen ausdrücklich, die Rolle der NRO "auf allen Ebenen" - also auch auf der kommunalen - zu stärken.

Im Prozess der Lokalen Agenda 21 können NRO, wenn sie es wollen, eine zentrale Rolle spielen. In vielen Städten wurde der Agenda-Prozess durch die Impulse von Naturschutzgruppen in Gang gesetzt. NRO und lokale Bürgerinitiativen verfügen häufig über Fachkenntnisse, die für die Arbeit der Kommunen unersetzlich sind.

Trotz der Aufwertung, die die NRO durch Rio und die nachfolgenden Welt-Konferenzen darf auch nicht übersehen werden, dass die Mitwirkung der NRO auf lokaler (wie auf nationaler Ebene) immer noch in der Regel auf die sogenannten "weichen" Politikfelder beschränkt bleibt. Der Einfluss der NRO auf "harte" Themen, wie z.B. Ausweisung von Gewerbe- und Baugebieten oder kommunale Abfallpolitik, ist immer noch marginal.

Mit welchen Themen könnten sich Naturschutzgruppen in den Agenda 21-Prozess einbringen?

Das Spektrum der Themen, mit denen sich der Naturschutz in die lokalen Agenda-Prozesse einbringen kann, ist breitgefächert. Die vorgestellten Beispiele aus der Gemeinde Harsefeld und dem Landkreis Rotenburg/Wümme machten dieses deutlich, repräsentieren zugleich aber auch nur einen kleinen Ausschnitt dessen, was möglich ist. So beschäftigte sich der Leitbereich Natur und Umwelt der Agenda 21-Gruppe in Harsefeld mit den Themen Öko-Garten, Garten für Jung und Alt, Nisthilfen für Vögel und Insekten, Schutzmaßnahmen für Fledermäuse, Ökomarkt, Harsefelder Natursommer, Öko- und Staudenmarkt, Kompost-Lieferservice, Harsefelder Naturwinter, Müllsammelaktion, Preisrätseln rund um die Natur oder der Harsefelder Piep-Schau.

Darüber hinaus förderte der Leitbereich Natur und Umwelt die Einführung eines eingeschränkten kommunalen Winterdienstes sowie die Ausweitung der Bereitstellung von geeigneten abstumpfenden Mitteln durch die Gemeinde. Die Sensibilisierung aller Bürgerinnen und Bürger, der Umwelt zuliebe bei Glätte Sand, Split oder andere abstumpfende Mittel zu verwenden, war für die Arbeitsgruppe eine wichtige Aufgabe in den Wintermonaten.

Aus den Reihen des Arbeitskreises kam ebenfalls die Idee, eine Bürgersolarstromanlage zu installieren. Mit Unterstützung der 12. Klasse des Fachgymnasiums Wirtschaft wurden ein geeigneter Standort, die richtigen Solarmodule und Investoren gesucht. Im Ergebnis entstand eine 10m² große Anlage auf dem Dach des Kindergartens, die von einer eigens GbR betrieben wird.

Die vielen Projekte, die in den letzten Jahren initiiert und durchgeführt wurden, belegen den Ideenreichtum und die Kreativität, mit der sich die Arbeitskreise und die in ihnen ehrenamtlich engagierten Bürgerinnen und Bürger der Umsetzung der Agenda 21 auf kommunaler Ebene widmen. Das Erfolgsrezept der lokalen Agenda 21 in Harsefeld sei es, so May-Britt Müller zusammenfassend, dass man nicht das Ziel habe, "große Politik" zu machen, sondern versuche, dem Ziel der nachhaltigen kommunalen Entwicklung in kleinen, konkreten Schritten und im möglichst breiten Konsens näher zu kommen. "Wir bemühen uns, nicht nur zu reden, sondern schnell und möglichst unbürokratisch zu handeln!"

Projekte sollten zudem einen lokalen Bezug haben. Da im Landkreis Rotenburg der Gewässerschutz eine äußerst wichtige und tragende Rolle sowohl für die Landwirtschaft als auch den Naturschutz spielt, hat es sich der dortige Agenda 21-Arbeitskreis Umwelt, so Uwe Baumert vom NABU Bremervörde, zunächst zum Ziel gesetzt, die Bevölkerung über den Gewässerschutz aufzuklären und sie für entsprechende Maßnahmen zu sensibilisieren. In einem ersten Schritt initiierte der Arbeitskreis eine gemeinsame Inaugenscheinnahme der bereits von NABU, Unterer Naturschutzbehörde und der Naturschutzstiftung des Landkreises durchgeführten Renaturierungsmaßnahmen. Ziel was es, zu einer gemeinsamen Bewertung der Maßnahmen durch Naturschutz und Landwirtschaft zu kommen, die gewonnenen Erfahrungen in Form von Schautafeln und einer Ausstellung zusammenzustellen, um anhand der positiven Beispiele Verständnis für weitere Maßnahmen zu wecken. Trotz der zum Teil gegensätzlichen Vorstellungen der Beteiligten gelang es nach Ansicht von Baumert, einen tragfähigen Konsens zu finden. Die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse und der im Laufe der Zusammenarbeit gewachsene gegenseitige Respekt bildeten die Grundlage für weitere neue Maßnahmen. Dazu gehört beispielsweise ein gemeinsames Eulenschutzprojekt.

Im weiteren Veranstaltungsverlauf entwickelten die Teilnehmer weitere Themen f+r kommunale Agenda-Projekte: Naturschutz und ökologische Landwirtschaft, Stopp des Flächenverbrauchs, naturschutzgemäßes und nachhaltiges Wirtschaften, naturnahe Gärten, Umweltschutz im Haus, Naturerlebnispfade oder Korkkampagne. Im Zuge der Diskussion der Themenvorschläge wurde jedoch deutlich, dass eine Vielzahl von Interessen in den Agenda 21-Prozessen unter einen Hut gebracht werden müssen. Sie gehen unter Umständen weit über das klassische Themenspektrum des Natur- und Umweltschutzes hinaus oder aber bleiben deutlich hinter den aktuellen Positionen des Naturschutzes zurück. Beides ist gewollt und entspricht durchaus dem Geist der Agenda 21. Die Erfahrungen vieler Naturschutzvertreter in Agenda 21-Foren zeigen jedoch, dass sich mit den "harten Naturschutzthemen" unter Umständen nur schwer ein Start machen lässt. Es empfiehlt sich daher, zunächst einmal die "weichen" und konsensfähigen Themen anzugehen. Dazu gehören Umweltbildungsangebote für Kindergärten, Schulen oder Volkshochschulen. Zu denken ist auch an Themen aus dem Bereich des Naturerlebens oder des Natur- und Umweltschutzes im häuslichen Umfeld.

Der Einstieg in die "härteren" Themen wie Naturschutz und Flächenverbrauch, Naturschutz und Regionalentwicklung oder Naturschutz und Landnutzung sollte nach Einschätzung der Teilnehmer erst zu einem späteren Zeitpunkt gewagt werden, wenn durch die gemeinsame Bearbeitung der "weichen" Themen das gegenseitige Vertrauen gestärkt und das Verständnis für die unterschiedlichen Rollen und Positionen der Beteiligten geschaffen wurde.

Welches sind die Voraussetzungen für erfolgreiche Agenda 21-Arbeit?

Agenda 21-Arbeit ist keine Ein-Mann- bzw. Ein-Frau-Angelegenheit. An den Agenda 21-Prozessen wirken häufig sehr unterschiedliche Akteure mit ebenso unterschiedlichen Zielvorstellungen mit. Entscheidend für den Erfolg der eigenen Arbeit ist es, die politisch entscheidenden Personen als Bündnispartner zu gewinnen. Ein Prozess, der sehr lange dauern kann, weil er nicht strategisch planbar ist, sondern sich erst langsam entwickeln muss. Berechenbarkeit, Zuverlässigkeit und Konsensfähigkeit sind wichtige Voraussetzungen für die Gewinnung von Bündnispartnern.

Als wichtige Voraussetzung dafür sahen die Teilnehmer die erfolgsorientierte Abwicklung der gemeinsamen Projekte an; denn nur Erfolge lassen sich gemeinsam feiern, als positive Beispiele herausstellen und zur Gewinnung von Bündnispartnern einsetzen. Mit Versagern will niemand kooperieren!

Ferner ist zu empfehlen, zielgerichtete Kooperationen mit denjenigen aufzubauen, die auch finanzielle Entscheidungsbefugnisse haben und Gelder für die Erarbeitung der Lokalen Agenda 21 zur Verfügung stellen können. Das können neben den politischen Entscheidungsträger auch Sponsoren aus der Wirtschaft oder Unterstützer aus der Bevölkerung sein.

Um das Engagement im Agenda 21-Prozess nicht gleich mit einer "Bauchlandung" zu beginnen, ist es ratsam, an Vorhandenem und Bewährtem anzuknüpfen. Zu einer "Bauchlandung" kann auch die Absicht führen, alles in einer Hand zu bündeln und große Pakete zu schnüren. Eine Strategie der kleinen Schritte, die zudem das Prinzip der Aufgabenteilung berücksichtigt, ist in der Regel wesentlich zielführender. Die einzelnen Agenda-Akteure sollten deshalb das tun, was sie am besten können, und nicht versuchen, alles in einem einzigen großen Rundumschlag zu tun.

Als wirksames Mittel gegen "Bauchlandungen" hat sich zudem eine gute Projektplanung, in der die Ziele und Maßnahme aufgearbeitet sind, erwiesen. Checklisten helfen bei der Überprüfung des Projektfortschritts.

Zu den wichtigen Handwerkszeugen der Agenda-Arbeit gehört ohne Zweifel die Öffentlichkeitsarbeit. Sie richtet sich zum einen als "Ein-Weg-Kommunikation" an die Medien (z. B. Tagespresse, Gemeindemitteilungsblatt, Regionalrundfunk) oder veranschaulicht die Projektziele in Form von Broschüren, Faltblättern, Ausstellungen oder auch Lehrpfaden. Nicht zu vernachlässigend ist ferner die direkte Kommunikation (Vortrag mit Diskussion, moderierter Workshop, Infostand o. ä.), bei der es darum geht interessierte Personenkreise direkt und unmittelbar zum Thema nachhaltige Entwicklung anzusprechen und mit ihnen in den Dialog zu treten.

Ralf Schulte, NABU



Die Tagungsveranstaltung wurde vom Bundesamt für Naturschutz aus Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert. Die Veranstaltungsinhalte und -ergebnisse geben nicht unbedingt die Meinung des Bundesumweltministeriums, des Bundesamt für Naturschutz oder des Naturschutzbund Deutschland (NABU) wieder.