Von Nachbarn lernen! - Erfolgsmodelle des Naturschutzes im internationalen Vergleich

"Naturschutz braucht Daten!" - Das Schweizer AUA-Projekt zur Inventarisierung von Auenlebensräumen von Karin Schneider, Eidgenössische Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau (FAL), Zürich


Das Schweizer Zentrum für die Kartographie der Fauna

Schweizer Zentrum für die Kartographie der Fauna ist seit 1990 als private Stiftung mit Sitz in Neuenburg tätig. Im Stiftungsrat wirken die Gemeinde Neuenburg, die Universität Neuenburg und die schweizerische Naturschutzorganisation Pro Natura mit. Finanziert wird das Vorhaben hauptsächlich vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) sowie von einer ganzen Reihe kantonaler Naturschutzämter.

Ziel des SZKF ist es, möglichst viele Informationen über die Fauna der Schweiz zusammenzutragen. Dazu fördert das SZKF die Erarbeitung von Verbreitungskarten und -atlanten. Damit verbindet sich die Erarbeitung von Methoden zur Vereinheitlichung und Rationalisierung der Datenerhebung im Felde.

Eine große Gruppe von Feldnaturkundlern, Naturschutzvereinen, Universitäten oder sonstigen Fachleuten leitet dem SZKF die Daten zu. Ergänzend werden weitere Datenquellen (z.B. Museumsbestände, bibliographische Quellen) ausgewertet und einbezogen.

Die Erfassung der Daten erfolgt nach einem einheitlichen Raster, das u.a. Angaben zu Beobachtungsort, Lebensraum und Individuenzahl beinhaltet. Mittlerweile kann das SZKF auf rund 1,2 Millionen Datensätze zurückgreifen. Die Daten werden streng vertraulich behandelt, sofern seitens des Melders nicht der Veröffentlichung der Rohdaten zugestimmt worden ist.

Die Daten werden u.a. zur Herausgabe von Roten Listen für verschiedene Tiergruppen (z.B. Spinnen, Krebstiere, Laufkäfer, Schmetterlinge, Libellen, Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel, Säugetiere) oder von Verbreitungskarten genutzt, die z.T. über das Internet frei zugänglich sind oder aber als Druckschrift angefordert werden können.

AUA - Die Schweizer Öko-Fauna-Datenbank

Im weiteren stellte Karin Schneider das Projekt der Öko-Fauna-Datenbank vor. Ziel dieses Vorhabens ist es, die erfassten faunistischen und habitatbezogenen Daten nicht ausschließlich zur Beschreibung des Status quo zu verwenden, sondern sie auch zur Simulation bei naturschutzrelevanten Fragestellungen einzusetzen.

Dazu werden zunächst die Verbreitungsdaten ausgewählter Tiergruppen (z.B. Amphibien, Wildbienen, Brutvögel, Imagines von Laufkäfern, Wanzen, Tagfalter, adulte Säugetiere, Libellen als Larven, Heuschrecken) mit grundlegenden, der Literatur entnommenen Parametern zur Biologie und Ökologie (autökologische Parameter, Habitat, Mobilität, Phänologie usw.) der Arten verknüpft. Auf der Grundlage dieser Daten lassen sich u.a. die faunistischen Potentiale von Landschaftsräumen errechnen. So können Ziel- oder Leitarten für Naturschutzmaßnahmen ermittelt werden und die Wirkung von Eingriffen oder Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen simuliert werden. Frau Schneider erläuterte, dass es auf der Grundlage der Daten beispielsweise möglich wäre, für ein definiertes Gebiet die faunistischen und ökologischen Konsequenzen aufzuzeigen, die sich aus der Umwandlung einer Fettwiese zu einer Magerwiese ergäben.

Ferner könnten durch den Abgleich des vorhandenen und des potentiellen Arteninventars eines Lebensraumes dessen faunistische Potentiale errechnet würden. Auf der Grundlage der gewonnen Daten ließen sich im weiteren geeignete Naturschutzmaßnahmen ableiten. Zudem sei es möglich den Erfolg bzw. Misserfolg dieser Maßnahmen vorherzusagen.

Besonders hilfreich sei die Simulation bei der Eingriffsplanung. So erlaubten die Daten nicht nur allgemeine Aussagen über die Eingriffsfolgen, vielmehr ließen sich auch detailliertere Fragestellungen (z.B. zur Abhängigkeit der Eingriffswirkungen von jahreszeitlichen Aspekten) beantworten. Auf diese Weise sei es beispielsweise möglich, die Mahd eines Großseggenrieds unter dem Gesichtspunkt des Schmetterlingsschutzes zu betrachten, den für Schmetterlinge optimalen Mahdtermin zu ermitteln und gleichzeitig aber auch die Folgen für andere Tiergruppen darzustellen. Dass diese Simulationsmöglichkeiten wesentlich mehr sind als nur eine ökologische "Datenspielerei", verdeutlich die Tatsache, dass die Ökoqualitätsverordnung der Schweiz die planerische Nutzung der Daten der Öko-Fauna-Datenbank rechtsverbindlich vorschreibt.

Die Daten der Öko-Fauna-Datenbank gestatten weiterhin die Erstellung potentieller Verbreitungskarten oder die Ableitung von Biodiversität-Hotspots, d.h. Flächen mit großem Artenreichtum können ausgeschieden oder potentielle Vorzugsräume von naturschützerisch wichtigen Arten ermittelt werden.

Ralf Schulte, NABU-Akademie Gut Sunder



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