Die EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL)

Ergebnisse des Seminars "Zielarten für den Naturschutz an Fließgewässern - Mehr Raum für Bäche und Flüsse" vom 19.09. bis 20.09.2000


Eva Kairies (Niedersächsisches Landesamt für Ökologie) berichtete in ihrem Beitrag über den aktuellen Sachstand zur europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL), die im Herbst 2000 verabschiedet wurde. Ziel der Richtlinie ist es, innerhalb von 15 Jahren einen guten ökologischen und chemischen Zustand für die Gewässer zu erreichen. Dazu erfasst die WRRL alle binnenländischen Oberflächengewässer, die Übergangs- und Küstengewässer sowie das Grundwasser. Die WRRL beschränkt sich nicht auf den aquatischen Teil der Gewässerökosysteme sondern zieht auch die temporär überfluteten Bereiche der Aue mit ein. Die Betrachtung der aquatischen Lebensgemeinschaften ist untrennbar mit dem Gewässerbegriff verknüpft.

Der Anhang II der EU-WRRL charakterisiert die Gewässer in die Kategorien Flüsse, Seen (ab 0,5km2), Übergangs-(Ästuare) und Küstengewässer (in einer Breite von einer Seemeile) sowie Benennung der künstlichen Gewässer. Die Gewässer werden darüber hinaus nach Parametern wie Höhenlage, Geologie, Gefälle, morphologischen Strukturen, Chemismus etc. typisiert. Im weiteren legt der Anhang II die Anforderungen zur Festlegung der typspezifischen Referenzbedingungen fest, d.h. die Auswahl von Referenzstrecken hat nach hydromorphologischen und chemischen Merkmalen sowie darauf aufbauend der Beschreibung der Biozönose zu erfolgen. Daher charakterisierte Gewässer weisen einen sehr guter Zustand auf und sind die Meßlatte für die Entwicklung des bis 2015 von allen EU-Mitgliedsstaaten und für alle Gewässer anzustrebenden guten Zustands.

Ein für die deutsche Wasserwirtschaft neuer Gedanke ist die der EU-WRRL zu Grunde liegende systemorientierte Betrachtung der Gewässer. Das heißt, sie zergliedert die Gewässer nicht in Abschnitte mit wechselnder behördlicher Zuständigkeit, sondern schreibt ein über die politischen und administrativen Grenzen hinweg wirkendes Flussgebietsmanagement vor. In Deutschland wird es künftig 10 Flussgebiete (Donau, Eider, Elbe, Ems, Maas, Oder, Rhein, Schlei und Trave, Warnow und Peene, Weser) geben. Für Elbe, Donau, Oder und Rhein werden international abgestimmte Bewirtschaftungen erforderlich werden. Zentrales Element der Bewirtschaftung, Pflege und Entwicklung der Gewässer eines Einzugsgebiets sind hierbei die rechtsverbindlichen Bewirtungspläne.

Bis zum Jahr 2003 muss die EU-WRRL in nationales Recht umgesetzt werden. Dazu ist die Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes und der Wassergesetze der Länder erforderlich. Ein Jahr später muss eine Bestandsaufnahme vorgelegt werden, die darstellt, ob und an welchen Gewässern der gute Zustand bereits erreicht ist bzw. welche Maßnahmen zur Erreichung des guten Zustandes an jenen Gewässern vorgesehen sind, die dem Ziel bislang nicht entsprechen.

Ab 2006 müssen die Gewässer regelmäßig überwacht werden. Insbesondere an jenen Stellen, die noch keinen guten Zustand aufweisen. Im gleichen Jahr müssen Zeit- und Arbeitspläne für die Erarbeitung der Bewirtschaftungspläne veröffentlicht werden. Die Entwürfe der Bewirtschaftungspläne sind dann öffentlich zu erörtern und nach Einarbeitung der Diskussionsergebnisse 2009 an die EU zu übermitteln. Für die Umsetzung der Maßnahmen stehen dann sechs Jahre zur Verfügung, so dass im Jahr 2015 europaweit alle Gewässer einen guten Zustand aufzuweisen haben.

War es in der Vergangenheit gebräuchlich, den Zustand eines Gewässers in erster Linie anhand chemischer und physikalischer Parameter zu bewerten, so wird in der Zukunft auch der ökologische Zustand mit in die Bewertung einfließen müssen. Eine Übersicht über die dabei anzuwendenden Kriterien, wie sie im Anhang V der EU-WRRL festgelegt sind, gibt die nachfolgende Tabelle:

Element Flüsse Seen Übergangs-
gewässer
Küsten-
gewässer
Phytoplankton X X X X
Großalgen     X X
Angiospermen     X X
Makrophyten / Phytobenthos X X    
Makrozoobenthos X X X X
Fischfauna X X X  

Die Bewertung erfolgt anhand von Artenzusammensetzung und Abundanz. Weitere Elemente wie Chemismus und Hydromorphologie können zur Unterstützung der Bewertung herangezogen werden.

Für die Klassifikation wird in Zukunft ein 5-stufiges Güteklassensystem gelten, wobei der schlechteste Wert den ökologischen Zustand bestimmt.

Güteklasse Ökologische Qualität EQR-Werte Farbe
I sehr guter Status > 0,95 bis 1 blau
II guter Status > 0,8 bis 0,95 grün
III mäßiger Status > 0,6 bis 0,8 gelb
IV unbefriedigender Status > 0,3 bis 0,6 orange
V schlechter Status 0 bis 0,3 rot

Für erheblich veränderte Gewässer ist das maximale ökologische Potential der Bewertungsmaßstab. Ein Oberflächengewässer kann als erheblich verändert eingestuft werden, wenn die erforderlichen Veränderungen des hydromorphologischen Zustands signifikante negative Auswirkungen hätten auf:

  • die Umwelt im weiteren Sinne,

  • die Schifffahrt, einschl. Hafenanlagen,

  • die Freizeitnutzung,

  • Trinkwasserversorgung, Stromerzeugung oder Bewässerung,

  • die Wasserregulierung, den Schutz vor Überflutungen, die Landentwässerung oder

  • andere ebenso wichtige nachhaltige Entwicklungstätigkeiten des Menschen.

Im Rahmen der Gewässerüberwachung sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen erforderlich. Für das Phytoplankton gilt eine Überwachungsfrequenz von 6 Monaten. Die übrigen biologischen Gruppen sind alle 3 Jahre zu überprüfen und zu bewerten. Für die Hydromorphologie gilt ein sechsjähriger Überwachungszyklus, während die Hydrologie kontinuierlich, die prioritären chemischen Stoffe (= wassergefährdende Stoffe) monatlich und die übrigen chemischen Parameter dreimonatig zu erfassen sind.

Zusammenfassend stellte Kairies fest, dass die EU-WRRL aufgrund ihres integrierten Ansatzes Zusammenarbeit zwischen Naturschutz und Wasserwirtschaft auf eine rechtliche Grundlage stellt. Dieses gilt insbesondere für die gewässertypbezogene ökologische Bewertung, die Intensivierung biologischer Untersuchungsprogramme und auch die methodische Annäherung von Naturschutz und Wasserwirtschaft.

Ralf Schulte, NABU-Akademie Gut Sunder

Zitatempfehlung:
Schulte, Ralf (2001): Die EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL). Ergebnisse des Seminars "Zielarten für den Naturschutz an Fließgewässern - Mehr Raum für Bäche und Flüsse" vom 19.09. bis 20.09.2000 www.nabu-akademie.de/berichte/00fluss_wrrl.htm (15.03.2001)


Hier geht's zum BMU Die Tagungsveranstaltung wurde vom Bundesamt für Naturschutz aus Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert. Die Veranstaltungsinhalte und -ergebnisse geben nicht unbedingt die Meinung des Bundesumweltministeriums, des Bundesamt für Naturschutz oder des Naturschutzbund Deutschland (NABU) wieder.